Volltext: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs Nr. 23 (Nr. 23 / 2013)

Erinnern und Gedenken in Oberösterreich 283 1980ern zu vernehmen, sein Schicksal sollte schließlich 1999 im „Heimat- buch“ der Gemeinde dargestellt werden. Im Zuge des Gedenkjahrs 2005 for- mierte sich eine kleine lokale Gruppe, die eine Gedenktafel für Groher for- derte. Nach Diskussionen einigten sich Gemeinde, Pfarre und Kamerad- schaftsbund auf einen Kompromiss und eine Tafel am Dorfplatz konnte ein- geweiht werden.408 Anders als das Jahr 1995 mit seinem 50. Jubiläum der Befreiung vom Nationalsozialismus brachte das Gedenkjahr bzw. „Gedankenjahr 2005“ kaum Impulse auf dem Gebiet der Erinnerung an die NS-Zeit und ihre Opfer. Der Schwerpunkt der Aktivitäten in diesem Jahr lag sowohl auf gesamtstaat- licher wie regionaler Ebene auf dem Ende der Besatzungszeit und dem Staatsvertrag. Diese inhaltliche Ausrichtung mit einer deutlichen Unterreprä- sentation der NS-Zeit bzw. des Befreiungsjahres 1945 erregte in der Folge zum Teil heftige Kritik. Den Verantwortlichen sowie der Bundesregierung wurde vorgeworfen, „[…] den ‚Opfermythos’ in volksfestartigen Massen- veranstaltungen zu einer gemeinschaftlichen ‚Erfolgsgeschichte’ der Nach- kriegsgenerationen umzudeuten und dabei in ein rot-weiß-rotes Credo einzu- rahmen, das als verbindliches Paradigma weit über das Jahr 2005 hinaus seine politische und kulturelle Wirkung entfalten sollte.“409 Die Schwer- punktsetzung auf den Staatsvertrag von 1955 kritisierte auch der Linzer His- toriker Michael John, der im Jahr 2005 eine Ausstellung zum „Mythos Staatsvertrag“ im Museum Arbeitswelt in Steyr kuratierte.410 Die offiziellen Veranstaltungen in Oberösterreich widmeten sich entsprechend der allge- meinen Ausrichtung des „Gedankenjahres“ den Jahren 1945 bis 1955, d. h. der „Besatzungszeit“. Der 60. Jahrestag von Kriegsende bzw. Befreiung so- wie die Ereignisse davor spielten eine marginale Rolle.411 Zumindest wies der Landesschulrat die Direktionen der Schulen auf die Möglichkeit hin, „KZ-Opfer bzw. Verfolgte des NS-Regimes“ für Vorträge einzuladen.412 Auf regionaler Ebene kam es 2005 zu einigen wenigen, aber durchaus inno- vativen Gedenkprojekten, die u. a. Opfergruppen umfassten, die lange Zeit umstritten waren bzw. keine Beachtung gefunden hatten. In Lasberg (Mühl- viertel) errichteten die Gemeinden Freistadt und Lasberg eine Gedenkstätte für hingerichtete Wehrmachtssoldaten, die der „Fahnenflucht“ beschuldigt 408 Vgl. Maria Ecker, Spätes Gedenken: Richard Groher, 1902-1943. In: Betrifft: Widerstand. Zeitschrift des Zeitgeschichte Museums und der KZ-Gedenkstätte Ebensee 75 (2005) 34-36 409 Martin Wassermair – Katharina Wegan, Gegenbilder zu einem rot-weiß-roten Credo. Ein Editorial. In: rebranding images. Ein streitbares Lesebuch zu Geschichtspolitik und Erinne- rungskultur in Österreich. Hg. v. Martin Wassermair – Katharina Wegan (Innsbruck 2006) 9- 12, 10 410 Vgl. http://sciencev1.orf.at/science/news/133625 (aufgerufen am 12.7.2012) 411 Siehe das Programm unter: http://www.austria.gv.at/DesktopDefault.aspx?TabID=4496 (aufgerufen am 12.7.2012) 412 http://www.lsr-ooe.gv.at/cgi-bin/sap.asp?code='B9-39/7-2005' (aufgerufen am 12.7.2012)
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.