Volltext: Mitteilungen des Oberösterreichischen Landesarchivs 22. Band (Bd. 22 / 2011)

Adolf Eigl – Landeshauptmann von Oberösterreich 335 industriellen Produktionen von Urfahr nach Linz angeordnet worden sei. Gleichzeitig konnte er aber keine Erklärung der Militärregierung erhalten: „Landeshauptmann muß die Mitteilung machen, daß das Gerücht von Besetzung oder Durchmarsch der Russen Tatsache ist. Oberst Snook hat nicht empfangen, sondern nur mitteilen lassen, er wisse davon, es wäre kein Grund zu Befürchtungen. Es herrscht anscheinend große Verlegenheit darum schweigen sie, wo wir ein Anrecht haben klar zu sehen.“48 Interessanterweise stellte sich die Landesregierung in einer weiteren Sitzung im Juli 1945 die Frage, wie man der Opfer des NS-Putsches vom 25. Juli 1934 gedenken solle. Eigl meinte dazu: „Dieses Gedenken wäre Hinweis, wie sehr sich unser Land gegen den Nazismus gewehrt hat, und sollte den Parteigenossen ihre Mitschuld vor Augen halten.“49 Vorgeschlagen wurden Gedächtnismessen, Kranzniederlegungen, Zeitungsartikel, eine Rede des Landeshauptmannes im Radio. Die Bezirkshauptmannschaften sollten eben- falls Veranstaltungen durchführen.50 Bei der nächsten Regierungssitzung musste aber zur Kenntnis genommen werden, dass die Militärregierung kein Gedenken wünsche, weil politische Aktivitäten befürchtet wurden.51 Die Entnazifizierung war nicht nur ein wesentliches Thema der Landesregie- rung, sondern betraf auch einige Regierungsmitglieder ganz persönlich. Eigl stellte in der Regierungssitzung Ende Mai die Kategorien vor, nach denen laut Verordnung der amerikanischen Militärregierung Beamte und Ange- stellte des öffentlichen Dienstes zu erfassen bzw. zu entlassen seien: „alte Kämpfer“, Angehörige der Legion52, alle Bediensteten des höheren Dienstes, die nach dem Umbruch eingetreten waren (bei günstigem Ergebnis ihrer Überprüfung könnten diese aber wiederverwendet werden), alle, die gehäs- sige Akte durchgeführt hätten, und schließlich alle, die zur Dienstleistung bei der Partei hauptberuflich abgeordnet waren und vom Reich bezahlt wur- den. Gegen die Entlassungen gebe es kein Rechtsmittel. „Alte Kämpfer“ und ehemalige Angehörige der Legion könnten sogar innerhalb von zwei Tagen entlassen werden.53 48 OÖLA, Sitzungsprotokolle der Landesregierung ab 1945, Sch. 1, Regierungssitzung 2.7.1945. 49 OÖLA, Sitzungsprotokolle der Landesregierung ab 1945, Sch. 1, Regierungssitzung 16.7.1945. 50 OÖLA, Sitzungsprotokolle der Landesregierung ab 1945, Sch. 1, Regierungssitzung 16.7.1945. 51 OÖLA, Sitzungsprotokolle der Landesregierung ab 1945, Sch. 1, Regierungssitzung 23.7.1945. 52 Die „österreichische Legion“ war eine paramilitärische Einheit in Deutschland, der aus Österreich geflüchtete illegale Nationalsozialisten angehörten. 53 OÖLA, Sitzungsprotokolle der Landesregierung ab 1945, Sch. 1, Regierungssitzung 29.5.1945.
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.