Die Entwicklung der Stadt Wels nach Norden. 181
Freilich der 11. Februar, Faschingmontag, und die nächsten
Lage waren überaus peinlich. Um 6 Uhr früh meldete der gleich dem
Seelsorger der Herz-Jesn-Kirche im Zellerhofe wohnende Mesner
dem ersteren, es werde heute nicht möglich sein, die heilige Messe zu
lesen, denn, wie rhm soeben eine Kreuzschwester, welche nach ihrer
Gewohnheit die Kirchentüre aufsperren wollte, gesagt habe, sei in
der Kirche ein Einbruch verübt, der Meßkelch und anderes, leider auch
aus dem Tabernakel die Monstranze und der Speisekelch samt den
heiligen Hostien, seieu gestohlen worden. Sogleich gingen beide,
Seelsorger und Mesner, zu der 400 Schritte entfernten Kirche und
fanden die schmerzliche Nachricht bestätigt. Der Einbruch mußte bei
der südlichen, zum Sakristeigange führenden Kirchentüre geschehen
sem. Die beim eiligen Baue der Kirche ungeschützte Anbringung
eines Riegels hatte die Gewalttat erleichtert.
; Unter den obwaltenden Verhältnissen war in der Tat die Dar-
brmgung des heiligen Meßopfers an diesem Tage nicht möglich.
Gendarmerie und Polizei erschienen am Tatorte. Die Verfolgung
der Drebe wurde aufgenommen. Eine Spur, nämlich die neben einem
H-ußwege m der Wiese liegenden kleinen Hostien, führte in der Richtung '
gegen den Friedhof; ja der in diese Richtung drängende Polizeihund
wollte sogar an einer schadhaften Stelle des Friedhofgitters in den¬
selben eindringen. Hätte der Wachmann dem Spürsinn des Hundes
getraut und wäre er mit ihm in den Friedhof gegangen, so würde
man wohl durch denselben schräg hindurch zu der Stelle gekommen
sem, wo die Diebe ihre Beute versteckten und verließen. Er hielt aber
die Weisung des Hundes für eine Irrung und ging mit demselben
nicht in den Friedhof hinein, sondern gab die weiteren Versuche
mit dem Hunde als nutzlos aus. Zur Sicherung der Kirche trat dann
sogleich der Schlossermeister Fackler in Tätigkeit. Das Ausleihen
einiger Paramente von der Vorstadtpfarrkirche ermöglichte die
Wiederaufnahme des Gottesdienstes vom nächsten Tage an. Zur
Sühne des Begangenen Frevels hielten die beiden Pfarreien am
folgenden Sonntag, dem ersten in der Fastenzeit, eine Prozession
in die Herz-Jesn-Kirche, verBunden mit der Fastenpredigt des Seel¬
sorgers, die von dem Worte des 78. Psalmes ausging: „Laß, o Gott,
deme Barmherzigkeit Bald zu uns kommen, denn wir sind sehr arm
geworden."
Die so angerufene Barmherzigkeit kam schon drei Tage darauf.
Nachdem nämlich der Seelsorger selBst schon dem Besitzer des Zeller¬
hofes gegenüBer die Meinung ausgesprochen hatte, man sollte Bei
einem Komposthaufen nächst dem Friedhofe nachgraBen, gruB infolge
eines Traumes, wie sie sagte, eine Dienstmagd des Krankenhauses,
von einer Kreuzschwester Begleitet, dort wirklich nach und fand einen
wichtigen Teil des gestohlenen Gutes. Ohne ihn vorerst heraus-
zuheBen, eilte sie in das Krankenhaus zurück, um den Hausseelsorger