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Die Entwicklung der Stadt Wels nach Norden.
Ein freudiger Tag für die Welser Stadtpfarre war wieder der
9. Juli. An diesem zog als neuer Pfarrer der in diesen Blättern oft
genannte Pfarrer von Weyer Georg Baumgartner in die Pfarr¬
kirche und deu Pfarrhof ein.
Auch die Bezirkshauptmannschaft bekam um diese Zeit einen
neuen Amtsträger in der Person des bisher dem Ministerium des
Innern zugeteilten Bezirkshanptmannes Dr. Heinrich Grafen Sarisch-
Mönnich.
Die ersten Kriegsmmte.
Vom 28. Juli 1914 an befand sich Oesterreich-Ungarn im Kriegs¬
zustände mit dem Königreiche Serbien. Andere Mächte schlossen sich
der einen oder der anderen Partei an; aus dem serbischen Kriege
wurde ein Weltkrieg, wie noch keiner gewesen war. Oberösterreich
lag den Kampfplätzen glücklicherweise ferne, war aber an jeder
anderen Art von Kriegstaten und Kriegsleiden sehr stark beteiligt.
Wels mit seinen großen Kasernen im Westen und Osten und mit
dem weitgedehnten Exerzierfelde im Norden war ein bevorzugter
Sammelplatz für die ins Feld abgehenden Krieger. Die aber krank
oder verwundet aus dem Felde zurückkehrten, fanden im All¬
gemeinen Krankenhause und in anderen Spitälern Aufnahme.
Für die Verstorbenen reihte sich im städtischen Friedhofe Grab an
Grab. In Wels und Umgebung wurden auch viele Flüchtlinge aus
Galizien und Tirol, im nahen Orte Marchtrenf viele Kriegsgefangene
untergebracht. Die Eisenbahndirektion Triest wurde nach Wels in
die Neustädter Volksschule verlegt. Da der Platz in den Häusern
für einen so großen Zuwachs der Einwohner nicht genügte, wurden
im Osten und Westen der Stadt hölzerne Baracken gebaut. Auch
an den Werken des Kirchenbanvereines ging der Krieg nicht spurlos
vorüber: die Kiuderbewahranstalt in der Neustadt nahm in ihre ge¬
räumigen Zimmer einen großen Teil der Neustädter Volksschule
aus und die Herz-Jesu-Kirche bekam einen sonntäglichen Militär¬
gottesdienst, den ein Militärkurat um 9 Uhr abhielt. Besondere
Kriegsandachten waren teils durch den Bischof von Linz für alle Kirchen
der Diözese vorgeschrieben worden, teils wurden solche nach An¬
ordnung des Vorstadtpfarrers in der Herz-Jesu-Kirche besonders
gehalten. Ant Feste Mariä Geburt, den 8. September, ging um
y23 Uhr nachmittags von der Stadtpfarrkirche aus eine von beiden
Pfarrern geführte Prozession zur Herz-Jesu-Kirche, um einerseits
den Segen des Himmels für das Vaterland unb feine Armeen, anderer¬
seits Kraft und Trost für alle zu erbitten. Nach Ankunft in ber Kirche
hielt ber Religionsprofeffor bes Gymnasiums Josef Kemethofer
eine auf ben Krieg Bezug habeube Prebigt,' an bie sich bie Segens-
anbacht mit bem vorgeschriebenen Kriegsgebete anschloß. Eine gleiche
Prozession war wieber ant 13. Dezember, einem Sonntage. Bei
Beiben war bie Beteiligung bes Volkes eine ungeheuer große. Es