Volltext: Die Evangelische Gemeinde A. C. Vöcklabruck von der Reformationszeit bis auf die Gegenwart

Die baierische Gemeinde. 
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jähre überhaupt auf die Bevölkerung übten, das Aussaugen, Ausplündern, 
Quälen, Mißhandeln und Peinigen der Unterthanen, die kolossale Un¬ 
verschämtheit, der grenzenlose Übermnth, die gänzliche Mißachtung jedwelcher 
Sitte, jedwelcheu Anstandes durch die siegreichen französischen Truppen, 
dies Alles hatte eine gewaltige Erbitterung hervorgerufen. Dieser Er¬ 
bitterung gab der Kousistorialrat Min in Winterhausen bei Würzburg 
Ausdruck und schrieb die Broschüre: „Deutschland in seiner tiefsten Er¬ 
niedrigung". Der Besitzer der Steiu'scheu Buchhandlung in Nürnberg, 
Joh. Philipp Palm, war der Verleger. Napoleon befahl Berfaffer und 
Verleger aufzuspüren und dann zu erschießen. Palm wurde nach Braunau 
geschleppt, zum Tode verurtheilt und am 26. August 1806 11 Uhr 
mittags das Todesurtheil verkündigt. Obwohl Protestant nahm Palm 
den Beistand des zu ihm kommandirten und ihm bekannten Priesters 
Pöschl gerne an. Um 2 Uhr nachmittags wurde Palm gebunden und 
aus dem Gefängnisse geführt. Vor dem Gefängniffe stand ein Leiter¬ 
wagen mit zwei Ochsen bespannt. Auf diesem nahmen Palm und Pöschl 
Platz. Pöschl schlang seinen Arm um Palm und betete weinend, was 
ihm eben der Augenblick eingab. Vom französischen Militär umgeben 
und von dem sichtbaren Mitleid der Bewohner Brannan's geleitet, be¬ 
wegte sich der Zug auf die Richtstätte vor dem Salzburger Thore. Hier 
übergab Palm dem Pöschl sein thränenfeuchtes Sacktuch als Andenken 
für Frau und Kind, Pöschl verband ihm mit seinem eigenen Taschentuch 
die Augen, umarmte und küßte ihn und half ihm niederknieen. In 
einer Entfernung von zwölf Schritten stand die Exekutionstruppe. Sechs 
Schüsse knallten. Palm fiel schwerverletzt. Weitere sechs Schüsse fielen. 
Palm wurde still. Pöschl sprang hinzu und fand ihn noch lebend. Auf 
sein entsetzliches Geschrei traten zwei Soldaten vor, hielten das Gewehr 
an den Kops und feuerten. Die Hirnschale zersprang in Trümmer, das 
Gehirn spritzte umher — Palm war todt*). 
Dieser blutige Vorgang hatte auf Pöfchls weiches, sanftes, zur 
Schwärmerei geneigtes Gemüth einen ungeheuren Eindruck hervorgerufen. 
Der sauste, milde, ja gesellige Mann wurde ein ganz anderer; er wurde 
*) Seit 1866 ist ihm in Braunau auf bem Promenabeplatz ein schönes Denk- 
mal errichtet. 
Ein intimer Freund Palms, der durch Flucht rechtzeitig sein Leben rettete, 
war der evangelische Buchdrucker Eurich in Linz. Er bewahrte die von Kugeln 
durchbohrte Weste Palms als Andenken auf.
	        
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