Volltext: England als Seeräuberstaat

Der Widerspenstigen Zähmung. 
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zum Teil ins Gefängnis warf, ohne daß sie sich um ihre Familienmitglieder 
kümmern durften*). 
3. An vielen deutschen Seeleuten hat England ebenso ge 
handelt. Gleichgültig, wo es die Hand auf sie legen konnte — ob auf deut 
schen, englischen oder neutralen Schiffen —, hat es sie nicht nur gefangen 
gesetzt, sondern oft geradezu unmenschlich behandelt, so daß der „Verein deut 
scher Seeleute" in Hamburg bei der deutschen Regierung Vorstellungen zur 
Linderung ihres Geschickes erheben mußte, woraus letztere am 5. November 
1914 Einspruch erhob. Der Tod hat unter diesen brutal behandelten fried 
lichen Seeleuten scharf aufgeräumt, während sie unter der gesundheitsschäd 
lichen Unterkunft und ungenügenden Verpflegung in England zu leiden 
hatten. 
4. Was will es demgegenüber besagen, daß England völkerrechtswidrig 
eine große Anzahl von Kriegsschiffen, die auf englischen Werften für 
Rechnung neutraler Staaten im Ban waren, mit Beschlag 
belegte? Vor allem wurden davon betroffen Argentinien, Norwegen und 
die Türkei. Viele Wochen bevor die letztere daran dachte, sich Deutschland und 
Oesterreich-Ungarn anzuschließen, wurde ihr (in den ersten Augnsttagen 
1914) erklärt: die beiden für sie gebauten Großkampfschiffe „Reschadie" und 
„Sultan Osman", von denen das erstere bereits vollständig bezahlt war, 
würden nicht abgeliefert werden. Bis zum Juni hatte die Türkei bereits 
70 Offiziere und 200 Mann nach England geschickt, um dort auf der „Re 
schadie" in Dienst gestellt zu werden und sich in die Technik des neuen Schiffes 
einzuarbeiten. Ende Juni jedoch — zur selben Zeit, als die englische Flotte 
auf ihrem Besuch in Kiel der deutschen den Judaskuß bot — wurden seine 
Geschütze zum Erstaunen des türkischen Marineministeriums plötzlich unter 
nichtigsten Vorwänden gewechselt, deren Grund erst nach der Beschlagnahme 
durch England offenbar wurde. 
5. Wiederholt ließ England auf neutralen Schiffen, die von 
englischen Kreuzern angehalten wurden, die Po st durchsuchen und eine 
große Anzahl Postsäcke, die aus Deutschland kamen, ohne weiteres über 
Bord werfen — falls die Nachrichten amerikanischer Zeitungen richtig 
sind. Dies ereignete sich z. B. auf der Fahrt des holländischen Dampfers 
„Rotterdam" nach Amerika. 
6. Von der Willkür der englischen Prisengerichte war 
bereits die Rede^). Weder der Schiffseigentümer noch der Kapitän sind in 
diesem sogenannten Gerichtsverfahren in England vertreten, während die 
deutsche Prisen- und Prisengerichtsordnung, die am 13. September 1909 
und 15. August 1911 erlassen, aber erst im Reichsgesetzblatt vom 3. August 
1914 veröffentlicht wurden, ein Zeugnis für die völkerrechtliche Gewissen- 
v ) Siehe S. 65 f. 
2 ) Siehe S. 61 ff.
	        
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