Volltext: England als Seeräuberstaat

102 
11. Abschnitt 
von einem solchen Gegner nicht mehr beachtet würden. Obwohl nun in 
der Tat die Beschießung des deutschen Handelskreuzers „Kaiser Wilhelm der 
Große", die Beschlagnahme des Lazarettschiffes „Ophelia", die Zerstörung 
deutscher Handelsschiffe in Antwerpen, die Behandlung deutscher Konsuln und 
Staatsangehöriger in Aegypten, das Vorgehen gegen deutsche Handelsschiffe 
im Suezkanal und viele andere Ereignisse dieser Meinung Recht zu geben 
scheinen, so ist sie dennoch falsch. Nicht das ganze Völkerrecht ist durch 
den Krieg in Stücke gerissen — wohl aber sind einige Teile, und zwar 
die jüngsten, die noch nicht Zeit gefunden hatten, tiefere Wurzeln zu schlagen, 
zerstört worden. Es wird Ausgabe der Zukunft sein, sie so fest wieder ein 
zupflanzen, daß sie in einem späteren Kriege nicht wieder aus dem Boden 
gerissen werden können. 
Denn Fortschritte des Völkerrechts sind in der Tat möglich, 
und die Geschichte der letzten Jahrhunderte erweist, daß deren bereits eine 
Menge gewonnen ist. Betrachtet man die Seekriegführung etwa des 17. Jahr 
hunderts, so ergibt sich unzweifelhaft, daß Dinge, wie sie damals an der 
Tagesordnung waren, heute nicht mehr geschehen können. Selbst England 
wirft fremde Seeleute nicht mehr über Bord, wie es das in dem Kampfe 
mit den Niederlanden im 17. Jahrhundert tat. Selbst England hat sich 
völkerrechtlichen Bindungen fügen müssen, deren Verletzung die gesamte 
Kulturwelt in Aufruhr versetzen würde. 
Daher haben denn auch die internationalen Beratungen, die 
von Vertretern der Großmächte oder eines noch weiteren Staatenkreises ab 
gehalten wurden, ja sogar diejenigen Konferenzen, die nur von Privatleuten 
der verschiedenen Völker besucht wurden, Sinn und Wert. Jede dieser Zu 
sammenkünfte, soweit ^ sie über Festessen und Lobreden hinauskommt, fügt 
eine Quader oder doch einen Mauerstein zu dem Bau des Völkerrechts hinzu. 
Von großer Wichtigkeit sind für die Fortbildung des Völkerrechts zur 
See —sowohl des privaten wie des staatlichen — die internationalen 
Seerechtskonferenzen geworden. Noch stehen sie in der ersten 
Jugend. Auch sie sind dem starken Bedürfnis nach Sicherung der inter 
nationalen Wirtschaftsbeziehungen entsprungen, das sich niemals so stark 
geregt hat wie in den letzten beiden Jahrzehnten. Ein einheitliches 
Seerecht ist ein Hauptbedürfnis des modernen Welthandels. 
Große Verdienste darum hat sich Herr Dr. Louis Franck-Antwerpen erworben, 
der den durchaus richtigen Gedanken verfocht, daß die Bildung eines Welt 
seerechts weder den Juristen noch den Diplomaten überlassen werden kann, 
vielmehr ohne Mitwirkung der Handelskreise undenkbar ist. Kaufleute, 
Reeder und Männer des Versicherungswesens müssen an dieser Arbeit teil 
nehmen, soll sie zweckmäßig ausgeführt werden, da sich zu den Männern der 
Theorie solche der Praxis gesellen müssen. Als Franck 1897 das „Comite 
Maritime International“ ins Leben rief, wurde ihm allerdings selbst aus
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.