Volltext: Geschichte des Weltkrieges

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Denkschrift aber vermochte er nicht zu wenden; sie 
schilderte die Lage Österreichs als direkt verzweifelt. 
Unter dem durch sie bewirkten Eindruck faßte der 
Reichstag auf Betreiben des von Ezernin inspirierten 
und vielfach als Vertrauensmann des Reichskanzlers 
mit Verhandlungen beauftragten Reichstagsabgeord- 
neten Lrzberger am J9. Juli jene Friedensresolution, 
von der er eine Friedensbereitschaft aller Kriegfüh 
renden erhoffte, während diese in ihr nur ein weiteres 
Zeichen der unaufhaltsam zunehmenden Schwäche der 
Mittelmächte erblicken mußten. 
Die Staatsmänner der Entente konnten das mit 
um so größerem Recht, als ihnen die Lzerninsche 
Denkschrift schon seit April bekannt war — und 
zwar durch Kaiser Karl selbst. Schon bald nach 
seinem Regierungsantritt hatte er, den der Gedanke 
an Frieden völlig beherrschte, Versuche gemacht, mit 
Rußland zum Frieden zu kommen — ohne Deutsch 
land. Sie waren gescheitert. — Jetzt stieg seine 
Friedenssehnsucht so übermächtig, daß er ihn auch 
unter Bruch des Bündnisses erreichen wollte und da 
zu durch Vermittlung der im französischen bzw. bel 
gischen Heere kämpfenden Brüder der Kaiserin Zita 
verräterische Verbindungen mit dem französischen 
Präsidenten Poincare anknüpfte. Aus der Denkschrift 
offenbarte sich den feindlichen Regierungen eindrucks 
voll die seelische und physische Schwäche wenigstens 
des einen großen Gegners. Sie verfolgten aber die 
Frage nicht, da nicht ein Sonderfriede mit Sster- 
reich-Ungarn, sondern die Auflösung der Monarchie 
das jetzt schon nahe Ziel war. Dieses Bewußtsein 
war für Frankreich ein mächtiger Antrieb gewesen, 
die Meutereien, die eigene Schwäche zu überwinden. 
Es liegt eine eigene Tragik darin, daß im Jahre 
\y\7 Meutereien in fast allen Heeren ausbrachen: in 
Rußland im Zusammenhang mit der Revolution am 
schwersten — sie durften auf Verbot der Reichsregie
	        
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