Volltext: Nr. 7/8 1932 (Nr. 7/8 1932)

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Nachrichten 
Wt. 
entscheidet der Verwaltungsgerichtshof nach Einholung 
der Administrativakten, allerdings ohne den Fall materiell 
zu kennen, den Anspruchswerber gehört oder auch nur 
gesehen zu haben. Daß die Entscheidungen der verschie- 
denen Senate nur zu oft different sind und, wenn sie für 
den Anspruchswerber ungünstig sind, von der Schieds- 
kommission als res judicata angesehen werden, sei nur 
nebenbei bemerkt. 
Dieser phantastische Kraft- und Kostenaufwand führt 
in der Regel zu keinem neuen Ergebnis, sondern die 
Kausalität wird meist bestätigt und insbesondere Finanz- 
rekurse gegen die Höhe der Erwerbsfähigkeitsminderung 
bleiben meistens ohne Erfolg. 
Aehnlich liegen die Dinge bei der Heilbehandlung, bei 
der in der Regel gesondert die Frage der Kausalität auf- 
gerollt wird. Die bundesstaatliche Finanzverwaltung 
kann sich aber auch nicht enthalten, Überprüfungen der 
Bureaubescheide durch die Schiedskommission auch dann 
Hu begehren, wenn die Heilbehandlung längst konsumiert 
ist, so daß eine eventuelle Entscheidung zugunsten des 
Einspruches rein theoretisch ist. Für einen neuen An- 
spruch kann auch eine solche nachträgliche Abweisung nicht 
von Relevanz sein, weil sich bis zu einem neuen Anspruch 
die Notwendigkeit der Honorierung erweisen kann. 
Ein besonderes Kapitel bildet hiebei bei der Jnva- 
l'ben-Entschädigungs-Kommisflon für Wien, Niederöster- 
reich und Burgenland der Apparat der bundesstaatlichen 
Finanzverwaltung. Um immer wieder, auch in den klar- 
sten Fällen, die in ihrem Erfolg in der Regel gleich- 
bleibenden Bescheide wirksam anzukämpfen, sind bei 
dieser Bundesfinanzverwaltung zwölf Beamte, außerdem 
vier Kanzleibeamtinnen und ein Kanzleigehilfe tätig. Das 
Ressort leitete, mindestens bis vor kurzem, leitet aber 
vielleicht noch, ein wirklicher Hofrat (2. Dienstklasse), dem 
beigegeben sind: sieben Oberfinanzräte (3. Dienstklasse), 
ein Finanzrat (4. Dienstklasse), ein wirklicher Amtsrat 
(4. Dienstklasse), ein Amtssekretär (5. Dienstklasse) ein 
Amtsoberrevident (6. Dienstklasse) und /wie bereits fest- 
gestellt, vier Kanzleibeamtinnen und ein Amtsgehilfe. 
Naturgemäß fällt es nicht immer leicht, die Notwendigkeit 
dieses Apparates zu erweisen. Bei der Schiedskommission 
dieser Invaliden - Entschädigungs - Kommission finden 
wöchentlich 17 Verhandlungen statt, so daß, das Kanzlei- 
personal hinzugerechnet, für jede Verhandlung ein Fi- 
nanzvertreter bereit steht. Es darf nicht unausgesprochen 
bleiben, daß der Landesverband für Wien, Niederöster- 
reich und Burgenland für dieselben Arbeiten — einschlie߬ 
lich Aktenstudium, Verfassung der Rekurse und Ueber- 
Prüfungsanträge an das Bundesministerium für soziale 
Verwaltung — bloß zwei vollbeschäftigte und einen halb- 
beschäftigten Funktionär verwendet. Der Zentralverband 
halt dafür, daß hier Ersparungen im besonderen Maße 
möglich wären. 
Aehnlich liegen die Verhältnisse bei den ärztlichen 
Sachverständigen. Ihre große Kopfzahl ist nicht entschei- 
dend, da sie nicht im Vertrage stehen, sondern pro Fall 
bezahlt werden. Jeder Arzt bekommt für die Mitwirkung 
bei einem Fall 10 S, bei zwei Fällen 18 S, bei drei Fällen 
24 8. Reben der Gruppe der Fachärzte bestehen noch 
zwei andere Gruppen von Sachverständigen, von denen 
die ersten zwei für das Aktenstudium noch besondere 
Honorare erhalten, und zwar in der ersten Stufe für das 
Studium eines Aktes neben dem Untersuchungshonorar 
weitere 10 8, für das Studium von zwei Akten weitere 
18 8 und bis vor kurzem für das Studium von drei Akten 
weitere 24 8 erhielten. Die zweite Stufe erhält für das 
Studium eines Aktes 6 3, für das Studium von zwei 
Akten 10 8 und erhielt früher für das Studium von drei 
Akten 18 8. Dies bildet natürlich für jene Aerzte, die 
für Aktenstudium und Ueberprüfung von Gutachten kein 
Separathonorar erhalten, Grund lebhaften Unwillens. 
Je kürzer nun die Befristung einer Rente ist, desto öfter 
müssen ärztliche Sachverständige beigezogen werden, da 
die Schiedskommission die ärztliche Mitwirkung nicht ent- 
I behren kann, und zwar insbesondere im Hinblick auf Ent- 
scheidungen des Verwaltungsgerichtshofes, „daß die ärzt- 
lieh nicht beratene Schiedskommission an das Gutachten 
des ärztlichen Sachverständigen gebunden ist". Auch hier 
könnten besondere Ersparungen gemacht werden. 
Es ist auch nicht verständlich, warum die Aerzte des 
öffentlichen Gesundheitsdienstes bei den Bezirkshaupt- 
Mannschaften, in den öffentlichen Krankenanstalten oder 
dem Bundesministerium für Unterricht unterstehenden 
Kliniken für die Mitwirkung bei der Begutachtung, Ueber- 
Prüfung oder Abgabe eines Gutachtens extra und fall- 
weife honoriert werden, und zwar in der ungefähren Höhe 
der von Fall zu Fall berufenen ärztlichen Sachverstän- 
digen. Es besteht kein Zweifel darüber, daß die Amts- 
ärzte bei den Bezir^shauptmannschaften oder in den 
Krankenanstalten diese gutächtliche Tätigkeit innerhalb 
ihrer Dienststunden ausüben, immer unter Zuhilfenahme 
des bureaukratifchen Apparates der Bezirkshauptmann- 
schast oder Heilanstalt selbst. So sehr verstanden wird, 
daß eine Behandlung, die in der Regel außerhalb der 
Dienststunden in der Privatordination und dergleichen er- 
folgt, honoriert werden muß, so unerfindlich sind die 
Mehrausgaben für diese gutächtliche Tätigkeit. Es kann 
kein Zweifel darüber bestehen, daß hier weitgehende 
Ersparungen möglich sind. Rur der Ordnung halber wird 
festgestellt, daß natürlich die Beamten der Bezirkshaupt- 
Mannschaft oder Magistrate der Städte mit eigenem 
Statut für die Tätigkeit nach dem Invaliden-Entschädi¬ 
gungs-Gesetz, die keine Mehrleistung sein muß, keine 
Extravergütung erhalten und daß bei anderen Dienst» 
zweigen des Bundes solche Extravergütungen für Ar- 
beiten innerhalb der Amtsstunden niemals ins Auge ge- 
faßt wurden. 
Auch die Arbeit der Rechnungsabteilungen scheint 
dem Zentralverband reformbedürftig. Die Renten werden 
in der Regel dauernd angewiesen. Veränderungen durch 
die Judikatur finden erst in ihrem Enderfolg, aber im 
allgemeinen nicht während der Rechtssprechung ihren 
Ausdruck. Andere Faktoren, die Rentner oder Pensio- 
nisten zu versorgen haben, haben schon langst zu den 
Dauerschecks gegriffen. Im Hinblick darauf, daß die 
Renten dauernd nnd in der Regel in gleicher Höhe be¬ 
zahlt werden, könnten, im besonderen, wenn auf die Bor- 
schlüge des Zentralverbandes gegriffen wird, die Rech- 
nungsabteilungen überhaupt entbehrlich werden. Der 
Dienst könnte ohneweiters durch die zuständige Landes- 
regierung oder aber die Finanzlandesdirektion übernom- 
men werden, die ja auch die Pensionisten des Bundes zu 
versorgen hat. Die möglichen Ersparungen liegen wohl 
auf der Hand. 
Auch bei der Einweisung in Heilanstalten wären Cr- 
sparungen durch Vermeidung der Doppelgeleisigkeit mög¬ 
lich. Mit Erlaß des Volksgesundheitsamtes vom 3. Fe- 
bruar 1932, Zl. 66.646—Abt. 9/1931, hat dieses Amt 
die Einweisung, zum Beispiel nach Gastein, an sich ge- 
zogen. Dennoch fungiert noch immer die Salzburger 
Landesregierung als Zwischenglied, obwohl es unerfind- 
lich ist, warum die Einberufung von Kriegsbeschädigten 
zur Heilfürsorge in bundesstaatliche Anstalten — An¬ 
stalten, die früher vom Militärliquidierungsamt verwaltet 
wurden — von der Landesregierung durchgeführt wird, 
in deren Land sich zufällig diese Anstalt befindet. Mit 
dem oben bezogenen Erlaß hat das Volksgesundheitsamt 
den Versuch der Vereinfachung gemacht, jedoch in der 
Praxis von der Landesbehörde, die sachlich an der Materie 
gar nicht interessiert ist — die Heilfürsorge ist Ange¬ 
legenheit des Bundes — kapituliert.
	        
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