Volltext: Nr. 9 1931 (Nr. 9 1931)

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Nachrichten 
Nr. 9 
Wßs GrSMAWSSG ZK-K MOHMNZWSK. 
Am Freitag den 31. Juli vormittags eröffnete der 
Präsident der Ciamac, Kamerad Henry Pichot, im 
Sitzungssaal des Senats zu Prag die VII. Jahresver¬ 
sammlung der Internationalen Arbeitsgemeinschaft der 
Verbände der Kriegsopfer und Kriegsteilnehmer. Die 
Delegierten sind aus 11 verschiedenen Staaten in großer 
Anzahl erschienen. Kamerad Pichot begrüßte diese, so- 
wie die vielen Gäste herzlichst. Besonders begrüßte er den 
Vertreter der tschechoslowakischen Regierung, den Unter- 
richtsminister Dr. Derer, der den erkrankten Sozial- 
minister Dr. Ezech vertrat, den Gesandten Dr. S ro a- 
g r o v s k y für das Außenministerium der tschechoslowaki- 
schen Republik, S o u r e k von der Internationalen Hoch- 
schulsöderation beim Völkerbund, den Kameraden D e- 
champ vom Internationalen Arbeitsamt, Blondel 
vom Völkerbundsekretariat und eine Anzahl Vertreter der 
großen Presse. 
Im Anschlüsse an die Eröffnung erfolgte die 
Ss-O KsssMeM-K. 
Zu Präsidenten des Kongresses werden Bundesrat 
Brande i f z, Wien, und Abgeordneter R eu meist e r, 
Prag; zu Vizepräsidenten der Bundesvorsitzende des 
Reichsbundes der Kriegsbeschädigten und Kriegerhinter- 
bliebenen, P f ä n d n e r, Berlin, der polnische Delegierte 
W a g n er, Warschau, .Hub er, Frankreich und Niki- 
so ro ff, Bulgarien, gewählt. Zu Vorsitzenden der Kom- 
Missionen (Friedenskommission) : V i a l a, Frankreich und 
S t a ch e c k y, Polen; (Versorgungskommission): W e i- 
dinge r, Oesterreich und Vagaunescu, Rumänien. 
Die vom Büro vorgeschlagene 
Tagesordnung: 
Z. Bericht des Vorfitzenden des Vorstandes über die Tätig- 
keit der Ciamac und das Wirken der angeschlossenen 
Verbände während des vergangenen Jahres zugunsten 
des Friedens (Berichterstatter: Pichot, Frankreich); 
2.Bericht über den gegenwärtigen Stand der Schiedsge- 
richtsbarkeit und der Abrüstung (Berichterstatter: Eas- 
sin, Frankreich und Roßmann, Deutschland); 
3.Bericht über die Stellung der Ciamac gegenüber den 
Wirtschaftlichen Bedingungen des Friedens (Berichter¬ 
statter: Brandeisz, Oesterreich); 
4. Bericht über die Frage der Errichtung, unter den 
Auspizien des Völkerbundes, eines Internationalen 
Museums gegen den Krieg in Genf (Berichterstatter: 
Hirsch, Oesterreich und Fontony, Frankreich); 
5. Bericht über die Frage der internationalen Erziehung 
der Jugend (Berichterstatter: Frau Harnoß, Deutsch- 
land und Frau Eassou, Frankreich); 
6. Bericht über die Sätze der Kriegsrenten (Bericht- 
erstatter Dechamp); 
7. Bericht der Kriegsblindensektion der Ciamac ''(Bericht- 
erstatter: Verband erblindeter Soldaten C. S. R.); 
8. Bericht über die Lage der Tuberkulösen (Berichter¬ 
statter: Huber, Frankreich); 
9. Wahl des Vorstandes; 
wird genehmigt. 
Namens des Reichsverbandes der Kriegsbeschädigten 
in der Tschechoslowakei begrüßt Abgeordneter R e u m e i- 
st e r den Kongreß. Er wies darauf hin, daß der VII. Kon¬ 
greß in einer Zeit großer wirtschaftlicher Rot, im 17. Jahre 
nach Kriegsausbruch, zusammentrete. Er bezeichnete den 
Krieg als eine Krankheit, an der auch die stärksten Völker 
zugrunde gehen müssen. Deshalb sei es Pflicht jedes ver- 
nünftigen Menschen, insbesondere aber der Staatsmän- 
ner und der Politiker, alle Maßnahmen z« «greifen, die 
geeignet feien, die Menschheit von dieser furchtbaren 
Krankheit zu befreien. 
Für die Regierung sprach Minister Dr. Derer. Er 
begrüßte die Kongreßteilnehmer namens der Regierung 
der tschechoslowakischen Republik nicht nur als liebe Gäste, 
sondern auch als direkte Opfer des Weltkrieges, deren 
Verdienste um so größer seien, als sie sich auch zur aktiven 
Mitarbeit an dem Aufbau alles dessen melden, das der 
Krieg vernichtet hat. Er bekannte sich zu den edlen 
Menschheitszielen der Ciamac und stellte fest, daß die 
Kriegsopfer in erster Linie das Recht haben, von ihren 
Regierungen und Parlamenten zu verlangen, daß das 
Ziel ihrer Politik die Ausrechterhaltung des Friedens 
sein müsse. 
Kamerad Pichot (Frankreich) wies in seiner Dank- 
rede an die beiden Vorredner darauf hin, daß die Crelg- 
msfe der letzten Wochen den Volksmassen aller europik- 
ischen Länder die Notwendigkeit der Zusammenarbeit ins 
Bewußtsein gerufen hätte. Für die Mitglieder der Cia- 
mac sei das eine alte Wahrheit. Das Ziel der Ciamac jei 
schon bei ihrer Gründung gewesen, eine besser organisierte 
und besser gesinnte Welt als die, die das Gemetzel des 
Weltkrieges verursacht hat, herbeizuführend Diejenige, 
denen der Krieg nichts anderes eingebracht hatte als vei- 
den. und Verstümmelungen, würden nicht müde werde,?, 
vcin den Regierungen die Einlösung ihrer moralischen 
und materielles Verpflichtungen gegenüber den Opfern 
des Krieges zu fordern und für den Frieden der Welt zu 
kämpfen. 
. Namens der ausländischen Delegierten sprach Kamerad 
Karkoszka, Polen, den Verbänden der tschechoslo-oa- 
tischen Kriegsopfer als Organisatoren des Kongresses, der 
Regierung und der Stadt Prag, den besten Dank für den 
herzlichen Empfang aus. 
Es sprachen, dann noch der Vertreter des Völkerbund- 
sekretariates Blondel, der 'Vertreter der Internatio¬ 
nalen Hochschnlföderytion und schließlich begrüßte namens 
der Prager Kriegsbeschädigten Kamerad Prohazka 
den Kongreß. 
MßS KKMSWßMSK-SVeSKttSWKSK. 
Die F r i e d e n s k o in m i s s i o n nahm ihre Tätig- 
keit am Freitag nachmittag aus. 
Kamerad Roßmauu, Deutschland, schilderte die 
schmierige politische und wirtschaftliche Lage Deutschlands 
und ihre Ursachen. Cr bedauert, daß die Vorschläge Hoo- 
vers durch das zögernde Verhalten anderer Großmächte in 
ihrer moralischen Wirkung abgeschwächt worden sind und 
stellt fest, daß eine Inflation in Deutschland nicht wahr- 
scheinlich sei. Der Sturm auf die Sparkassen und die tyirt- 
schaftlichen Zusammenbrüche gefährdeten nicht nur die 
Wirtschaft, sondern auch die politische Demokratie. Die 
Katastrophe sei unvermeidlich, wenn keine moralische und 
materielle Unterstützung Deutschlands vom Auslande er- 
folge. So fei das deutsch-französische Verhältnis entschei¬ 
dend sür das Schicksal der ganzen Welt. 
Die Reparationsfrage streifend, stellte Roßniann fest, 
daß die Reparationen in Deutschland wirken wie die Ku- 
gel im Körper des heimgekehrten Kriegers: Bei guter 
Konstitution macht sie ihm keine Beschwerden, fühle er 
sich aber kränklich, könne sie zu einer Gefahr für sein Le- 
ben werden. 
In der Abrüstungsfrage vertrat Roßmann die These 
von der unbedingten Gleichheit der Pflichten und der 
Rechte. Daraus wolle er aber keineswegs das Recht sür 
die zwangsweise abgerüsteten Staaten herleiten, wieder 
aufzurüsten, wenn die anderen Mächte sich weigern soll- 
ten, abzurüsten. Ein etwaiges Scheitern der 1932 stattfin- 
denden Abrüstungskonferenz würde aber den Todesstoß 
sür den Frieden bedeuten.
	        
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