Volltext: Nr. 4 1930 (Nr. 4 1930)

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Rachrichten 
Nr. 4 
Hausnummern sind, die Durchführungsverordnung zum 
I.-E.-G. gibt jedoch leider keine Handhabe und keine 
Möglichkeit, den Schwindel aufzudecken. 
So wie in allen Ländern entbrannte der Streit nun 
auch in Steiermark, wo der Reichsbund unter der Füh¬ 
rung des Bundesrates Hoheneder geradezu einen Raubzug 
unternehmen wollte. Nebenbei machte sich auch noch ein 
Organisatiönchen von Querulanten daran, für sich etwas 
herauszuschlagen. Die Sache ging bis zum Bundesmini- 
ster Dr. Jnnitzer, welchem gegenüber der Landeshaupt- 
manu Dr. Rintelen sich dahin äußerte, daß von den Inva- 
lidenorganisationen in Steiermark nur der Landesver- 
band der Kriegsinvaliden bedeutend sei, während er die 
anderen Organisationen als Sauhaufen bezeichnete. Er 
hat also den einzig richtigen Ausdruck für die Zerstörer 
der Einigkeit gefunden und auch angewendet. Darüber 
war natürlich der Führer des Reichsbundes in Steier- 
mark, Bundesrat Hoheneder, wutenbrannt und wandte 
sich an den großdeutschen Nationalrat Dr. Greiler um 
Hilfe. Landeshauptmann Dr. Rintelen beschwerte sich 
deshalb beim christlichsozialen Parteivorstand, welcher sich 
mit der Sache befaßte und einstimmig beschloß, dem 
Bundesrat Hoheneder zur Niederlegung seines Bundes- 
ratsmandates aufzufordern. Sollte Bundesrat Hoheneder 
dieser Aufforderung nicht entsprechen, so hat sich für 
diesen Fall der christlichsoziale Parteivorstand vorbehalten, 
einen dahingehenden Antrag in der Parteileitung zu 
stellen. 
Der Parteivorstand stellte sich auf den Standpunkt, 
daß Bundesrat Hoheneder sich gegen die Parteidisziplin 
vergangen und sich hinter dem Rücken des Parteiobman- 
nes an Angehörige anderer Parteien gewendet hat, anstatt 
vorerst dem Parteivorstand um Aufklärung dieser An- 
gelegenheit zu ersuchen. 
Dem Bundesrat Hoheneder werden also wegen des 
Sauhaufens feine Mandate aberkannt. Der, der 
sich mit fo viel Wärme des Reichsbundes angenommen 
hat, der sich nicht genug darin tun konnte, dem Zentral- 
verband eins anzuhängen, wird nun selbst zur Ueber- 
zeugung gekommen sein, daß der Reichsbund keine Orga- 
nisation ist, die ernst genommen werden kann, sondern 
daß der Reichsbund eben das ist, als was ihn Landes- 
Hauptmann Dr. Rintelen bezeichnet hat: Ein Sauhaufen. 
Hoffentlich genügt diese Feststellung eines hohen poli- 
tischen Würdenträgers, daß die Mehrheit der anständigen 
Leute im Reichsbunde nun mehr selbst zur Ueberzeugüng 
kommt, daß es zwecklos, ja geradezu gefährlich für sie ist, 
sich von einer Sauhaufenorganisation führen und Inter¬ 
essen vertreten zu lassen. 
Gerade die Kriegsopfer, die im Nationalrate und in 
den sonstigen Körperschaften, die Gesetze beschließen, keine 
eigene Vertretung haben, haben es notwendig, gemeinsam 
vorzugehen, gemeinsam zu beraten, welche Wege einzu- 
schlagen wären, um ihr Los zu lindern. Nur dann, wir 
wiederholen, was wir schon hunderte Male gesagt haben, 
können die Kriegsopfer Einfluß auf die Regierung, auf 
das Parlament, die politischen Parteien und die gesamte 
Gesellschaft gewinnen, wenn sie alle ohne Unterschied des 
Standes und des Ranges, ohne Unterschied ihrer welt- 
lichen oder religiösen Anschauung, in einer einzigen großen 
Organisation, die wirklich eine Organisation ist, vereinigt 
sind. 
Sie werden aber nichts erreichen, sie werden nicht ge- 
hört werden, wenn sie zersplittert sind in verschiedene 
Organisationen, oder wenn sie sich gar, wie in Steier- 
mark, von einem Sauhaufen führen lassen. 
Wolle daher die gerade in der jetzigen so schweren Zeit 
unbedingt notwendige Einigkeit herbeigeführt werden. 
Jeder Mensch, der es wirklich ehrlich mit den Kriegs- 
ov^rn meint, wird sie dann unterstützen, ihre Forderungen 
fördern und die Zeit, in der endlich einmal grundlegend 
über die Frage der Versorgung gesprochen, verhandelt 
und beschlossen würde, wäre sicherlich nicht mehr allzu- 
ferne. Die schädlichen Bazillen, die die gesunde Konsti¬ 
tution des Körpers zerstören wollen, müssen ausgerottet 
werden. Hiezu ist eine gründliche Kur notwendig, even- 
tuell eine Operation, die die Schädlinge unwirksam macht. 
Rur dann, wenn Ordnung und Reinheit herrscht, kann ein 
Lebewesen gedeihen, niemals aber in einem Sauhaufen. 
ßwWeit verleiht Größe und Straft. 
Wem wäre nicht das Sprichwort: „Einigkeit macht 
stark" bekannt. Wohl jedes Kind kennt das Sprichwort 
und kennt auch die Wahrheit desselben. 
Das praktische Leben liefert täglich Beweise dafür, daß 
Großes nur erreicht werden kann, wenn viele Kräfte zum 
Gelingen des Werkes sich vereinigen. 
Sehen wir uns die Versorgung der Kriegsopfer in 
Oesterreich an, fo müssen wir trotz aller Mängel ge- 
stehen, daß durch die einheitliche Zusammenfassung aller 
Invaliden, Witwen und Hinterbliebenen auf fozialpoli- 
tischein Gebiete sAr die Kriegsopfer vieles geschaffen 
wurde und daß sofort eine Rückeutwicklung eintrat, als 
auch eine zweite Invalidenorganisation geschaffen wurde, 
die nicht nur dieselben Ziele, wie der Zentralverbund, 
nicht verfolgt, sondern im Gegenteil dem Zentrulverb>md 
entgegenarbeitet und diesen bekämpft. 
Allerdings konnte die Wühlarbeit des Reichsbundes, 
feiner Helfer und Helfershelfer die Einigkeit nicht be- 
deutend zerstören, aber immerhin die Schlagkraft herab- 
setzen. 
Nickst umsonst sprechen und schreiben wir immer da- 
von, daß jede, wenn auch noch so kleine Zersplitterung, 
vom Nachteil für die Gesamtbewegung, vom Nachteil für 
die Entwicklung der Gesetzgebung der Kriegsopfer ist. 
Die Notwendigkeit des einigen Zusammenstehens er- 
kannte auch der Großteil der Invaliden und Hinterblie- 
denen. Sie sind in ihrer Mehrzahl in unserem Landes- 
verbände organisiert und nur ein Bruchteil hat sich dem 
Reichsbunde verschworen. 
Besonders in Linz machte sich die Wühlarbeit des 
Reichsbundes ganz besonders bemerkbar, wo einige Men- 
schen unter Mithilfe politischer Persönlichkeiten den 
Kampf gegen die in unserem Landesverbände organi- 
sierten Invaliden entfachten. Allerdings ziemlich ver- 
gebens. Trotz aller Versuche, trotz Aufwendung aller 
Mittel konnte nur ein geringer Teil der Linzer Kriegs- 
opfer irregeführt und in den Reichsbund getrieben 
werden. 
Ganz besonders durch das Wirken des Reichsbundes 
kam die Invalidenschaft zur Ueberzeugung, daß sie einig 
und geschlossen zusammenstehen müsse. Seit ungefähr 
zwei Jahren tauchte in Linz immer und immer wieder 
der Gedanke auf, die organisierten Kriegsopfer mehr und 
mehr und enger zusammenzufassen, um ein einheitliches 
Ganzes zu bilden. In nicht weniger als zwölf Sektionen 
waren die Invaliden und Hinterbliebenen verstreut und 
jede Sektion arbeitete selbständig, ohne in einer m geren 
Verbindung mit anderen Sektionen zu stehen. Das war 
ein Zustand, der im Interesse der Gesamtorganisation 
nachgerade unhaltbar wurde. 
Es ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit, daß nach 
reiflicher Ueberlegung, nachdem alles Für und Wider in 
vielen Sitzungen besprochen wurde, der Gedanke nach 
einem Zusammenschluß immer greifbarere Formen an- 
nahm und zur Schaffung einer Arbeitsgemeinschaft der 
Linzer Sektionen führte. Sämtliche administrativen Ar- 
beiten wurden von dem von der Arbeitsgemeinschaft ge- 
fchäffenen Sekretariat übernommen. 
Sie Fortsetzung den „Was jedes MitgliÄ des Verbandes vom I.-N.-G« wissen fall" folgt in der Vtaiansgabe.
	        
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