Volltext: Nr. 5 1928 (Nr. 5 1928)

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Seite ■( 
eine Waise denselben Betrag und eine Doppelwaise, die 
weder Vater noch Mutter hat, bloß 30 S im Monat. Die 
Elternrente stellt wohl das Erbärmlichst« dar, was «in 
dein Gebiete der Kriegsbeschädigtenfürsorge zu verzeich¬ 
nen ist. Die Elternrenten sind mit 15 S im Atonat be¬ 
messen und das Recht zu ihrem Bezüge an den Nachweis 
der Bedürftigkeit und wesentlichen Unterstützung durch 
den Gefallenen oder Gestorbenen geknüpft. Weiterhin ist 
das Hausgeld völlig unzulänglich, 
das die Familie eines Kriegsbeschädigten bekommt wenn 
dieser Spitalspflege benötigt. Eine Frau mit zwei Kin¬ 
dern, also drei Personen, sollen mit einem Betrag von 
16.80 S in der Woche das Auslangen finden. 
Ich habe diese Beispiele deshalb angeführt, um das 
hohe Haus einzuladen, mit nur die Forderung an die Re 
gierung zu erheben, daß sie endlich schleunigst den Ent¬ 
wurf zur X. Novelle des Invalidenentschädigungsgesetzes 
unterbreitet. Die Regierung lMt das noch immer nicht 
getan. Wir Sozialdemokraten haben im Finanz- und 
Budgetausschuß, als wir die armselige Fürsorge für un- 
ferc Kriegsopfer geißelten, erklärt, daß, wenn die Regie- 
rnng sich nicht selbst dazu entschließe, den Entwurf einer 
X. Novelle einzubringen, wir Sozialdemokraten einen sol¬ 
chen Antrag dem Hanse vorlegen werden. Wir haben 
mittlerweile dies auch getan. Wir haben eine Erhöhung 
der für die MiegLop^rfüxfon^vorgesyhenen Budgetpost 
um 20 Millionen Schilling vorgeschlagen. Auch dieser An- 
trag wurde, obwohl er nicht, wie der Herr Bundesminister 
im Ausschuß erklärte, 6<> Millionen fordere, um eine 
X. Novelle zu schaffen, im Budgetansschuß abgelehnt. 
Wir haben ihn deshalb als Minderheitsbericht dein hohen 
Hause unterbreitet. 
Mit dieser X. Novelle wäre noch niöglich, neben der 
Gutmachung des allerärgsten Unrechtes, das an den 
Kriegsopfern in Oesterreich verübt wurde,, neben der Ver¬ 
besserung einiger unzttlänglicher Rentensätze, noch andere 
Dinge zu erledigen, von denen die Kriegsbeschädigten 
Oesterreichs eine Verbesserung ihrer Lage mit Recht er¬ 
warten. Durch AenderuTtg des Verfahrens, Ausschaltung 
i>es Mrwaltungsgerichtshofes und dessen Ersetzung tntrd) 
ein oberstes Versorgungsgericht, sollen auch den Kriegs- 
beschädigten gegenüber in den ve^ahrungsrechtlichen Be¬ 
stimmungen Aendernngen eintreten, die ihnen wirklich 
volle Gewähr bieten, daß sie die ihnen zustehenden gesetz¬ 
lich festgelegten Ansprüche auch tatsächlich zuerkannt er- 
halten. Wir niiissen deshalb mit allem Nachdruck darauf 
verweisen, daß, wenn das hohe Haus das ärgste Unrecht 
an den Kriegsopfern gutmachen will, es unserem AntrM 
zustimmen und so die Hand dazn bieten muß, daß die 
X. Novelle zum Inoaliden-Entschüdignugs-Gesetz 
im hohen Hause zur Beratung und Beschlußfassung 
kommt. 
Bei dem Widerstände, den die Regierung einer sol- 
chen Maßnahme entgegensetzt, fürchten wir, daß noch gc 
raunte Zeit vergehen wird. So haben wir uns entschlos¬ 
sen. wie es in den früheren Jahren der Fall gewesen ist, 
für die Kriegsopfer die 
Forderung nach einer Rotstandsaushilfe 
zu erlieben. Es wurde durch die Abgeordneten S e v e r 
und Schiegl im Budgetausschuß ein Antrag unter- 
breitet, daß durch Einstellung eines Betrages von .3.3 
Millionen Schilling in den Voranschlag den Kriegsopfern 
eine einmalige Notstandsaushilfe gewährt wird. Auch 
dieser Antrag wurde im Budgetausschuß abgelehnt, wes- 
halb er dem hohen Hause als Minderheitsantrag vor¬ 
liegt. Ich bitte um dessen Annahme. Ich glaube, es ist das 
Allernotwendigste, daß wir die Möglichkeit schaffen, den 
Kriegsopfern angesichts ihrer Verzweiffüng, ihrer Not 
ÄÄd ihres Elends, so Wie in. den früheren Jahren, vorläu¬ 
fig efne NoPandsaushilfe zu ermöglichen, um ihnen für 
einig« Zeit aus dem unsagbaren Elend, in dem sie sich be¬ 
finden, heraushelfen zn können. 
Abg. H ölzl befaßte sich nun mit den einzelnen For¬ 
derungen des Zentraloerbandes und unterzieht die 
Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes einer schar¬ 
fen Kritik. Hieraus legt er dem Nationalrat eine ganze 
Reihe von Fällen vor, in welcher Kriegsopfer, und zwar 
insbesondere in der Provinz, drangsaliert und um ihr 
Recht gebracht wurden. Er kommt weiters auf die Kla¬ 
gen der Kriegsbeschädigten, d«ß sie nicht die richtige 
Heilbehandlung erfahren, zu sprechen. Er berichtet über 
Härten in der Praxis des § 29, kritisiert die Tätigkeit 
der Armenärzte, die selbst sagen, nicht anders entscheiden 
zu können, da sie sonst ihre Stellung nud ihr Brot ver¬ 
lieren. Man hat Invalide, die früher 100prozentiq er¬ 
werbsunfähig waren, auf 50 bis 00 Prozent herabgesetzt 
oder auch ganz abgewiesen. 
Abg. H ö l z l befaßt sich hierauf mit dem Lehrlings» 
schütz, der Kleinrentnerfrage, den Gewerbegerichten, de? 
Arbeitslofensürsorge, und schließt dann: 
Zum Schlüsse erlaube ich mir, abermals auf unsere 
Minderheitsanträge hinzuweisen. Die Kriegsopfer er- 
l>eben mit Recht den Ruf nach Erfüllung ihrer Ansprüche. 
Ich glaube, daß das hohe Haus, diesem Rufe Rechnung 
tragen könnte. Durch die rechtzeitige Einsetzung des Be- 
träges von 20 'Millionen Schilling als Mehrerfordernis 
in den Bnndesvoranschlag des Jahres 1928 würde die 
Möglichkeit geschaffen werden, die so lange erwartete und 
mit Recht geforderte X. Novelle zum Invaliden-Entschä- 
digungs-Gesetz den Kriegsopfern zu gewähren. (Lebhafter 
Beifall und. Händeklatschen.) 
zwei wichtige Entscheidungen de» 
(Schlich.) 
3. Ob der Geschädigte, abgesehen von der Rente, nicht 
etwa ein Monatseinkommen im Mindestaus,naße von 
120 Schilling auch während der Heilbehandlnnq weiter- 
bezieht. Laut der von der Schiedskommission bestätigten 
Bescheide des Bureaus vom 15. Jänner 1920 und vom 
14. August 1926 hat die Gesnndheitsabteilnng der ober- 
österreichischen Landesregierung die vom Amtsarzte des 
Magistrates Steyr verfügte ambulatorische und häusliche 
Heilbehandlung des Klaffenböck durch den Arzt Doktor 
Scheiber nachträglich als Organ des Gesundheitsdienstes 
genehmigt. Aus den Bestätigungen des behandelnden Arz¬ 
tes Dr. Scheiber vom 23. November 1925 und vom 
30. Juli 1926 geht weiters hervor, daß Klaffenböck wähö¬ 
rend der Heilbehandlung in der Zeit nach dem 7. Oktober 
1925 und in der Zeit vom 30. Juli bis 6. August 1926 
hohes Fieber hatte und bettlägerig war. 
Diese Tatsachen sind bei der Beurteilung der Frage, 
ob Klaffenböck während der erwähnten Zeit einer regel¬ 
mäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen konnte, von Belang. 
Da jedoch Klaffenböck bereits feit dem Jahre 1923 fast 
ununterbrochen in Heilbehandlung nach dem Invaliden- 
Entschädigungs-Gesetz stand, mußte untersucht werden, ob 
Klaffenböck vor dem Jahre 1923 als dem Beginne der 
Heilbehandlung eine regelmäßige Erwerbstätigkeit aus¬ 
übte. Nach der Aktenlage steht fest, daß Klaffenböck vom 
29. September 1920 bis 14. Februar 1923 in der öfter- 
reichischen Waffenfabrik in Steyr beschäftigt war. 
Wenn die Schiedskommission in ihrer Entscheidung 
vom 11. Oktober 1926 und auch in der ersten Entscheidung 
vom 19. März 1926 zur Begründung anführt, daß der 
Entschädigungspflicht des Staates gegenüber Klaffenböck, 
dessen Lungenleiden durch den Militärdienst nur »er- 
Wimmert worden sei, schon durch Zuerkennung einer 
verhältnismäßig hohen Rente Genüge geleistet worden sei.
	        
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