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eine Waise denselben Betrag und eine Doppelwaise, die
weder Vater noch Mutter hat, bloß 30 S im Monat. Die
Elternrente stellt wohl das Erbärmlichst« dar, was «in
dein Gebiete der Kriegsbeschädigtenfürsorge zu verzeich¬
nen ist. Die Elternrenten sind mit 15 S im Atonat be¬
messen und das Recht zu ihrem Bezüge an den Nachweis
der Bedürftigkeit und wesentlichen Unterstützung durch
den Gefallenen oder Gestorbenen geknüpft. Weiterhin ist
das Hausgeld völlig unzulänglich,
das die Familie eines Kriegsbeschädigten bekommt wenn
dieser Spitalspflege benötigt. Eine Frau mit zwei Kin¬
dern, also drei Personen, sollen mit einem Betrag von
16.80 S in der Woche das Auslangen finden.
Ich habe diese Beispiele deshalb angeführt, um das
hohe Haus einzuladen, mit nur die Forderung an die Re
gierung zu erheben, daß sie endlich schleunigst den Ent¬
wurf zur X. Novelle des Invalidenentschädigungsgesetzes
unterbreitet. Die Regierung lMt das noch immer nicht
getan. Wir Sozialdemokraten haben im Finanz- und
Budgetausschuß, als wir die armselige Fürsorge für un-
ferc Kriegsopfer geißelten, erklärt, daß, wenn die Regie-
rnng sich nicht selbst dazu entschließe, den Entwurf einer
X. Novelle einzubringen, wir Sozialdemokraten einen sol¬
chen Antrag dem Hanse vorlegen werden. Wir haben
mittlerweile dies auch getan. Wir haben eine Erhöhung
der für die MiegLop^rfüxfon^vorgesyhenen Budgetpost
um 20 Millionen Schilling vorgeschlagen. Auch dieser An-
trag wurde, obwohl er nicht, wie der Herr Bundesminister
im Ausschuß erklärte, 6<> Millionen fordere, um eine
X. Novelle zu schaffen, im Budgetansschuß abgelehnt.
Wir haben ihn deshalb als Minderheitsbericht dein hohen
Hause unterbreitet.
Mit dieser X. Novelle wäre noch niöglich, neben der
Gutmachung des allerärgsten Unrechtes, das an den
Kriegsopfern in Oesterreich verübt wurde,, neben der Ver¬
besserung einiger unzttlänglicher Rentensätze, noch andere
Dinge zu erledigen, von denen die Kriegsbeschädigten
Oesterreichs eine Verbesserung ihrer Lage mit Recht er¬
warten. Durch AenderuTtg des Verfahrens, Ausschaltung
i>es Mrwaltungsgerichtshofes und dessen Ersetzung tntrd)
ein oberstes Versorgungsgericht, sollen auch den Kriegs-
beschädigten gegenüber in den ve^ahrungsrechtlichen Be¬
stimmungen Aendernngen eintreten, die ihnen wirklich
volle Gewähr bieten, daß sie die ihnen zustehenden gesetz¬
lich festgelegten Ansprüche auch tatsächlich zuerkannt er-
halten. Wir niiissen deshalb mit allem Nachdruck darauf
verweisen, daß, wenn das hohe Haus das ärgste Unrecht
an den Kriegsopfern gutmachen will, es unserem AntrM
zustimmen und so die Hand dazn bieten muß, daß die
X. Novelle zum Inoaliden-Entschüdignugs-Gesetz
im hohen Hause zur Beratung und Beschlußfassung
kommt.
Bei dem Widerstände, den die Regierung einer sol-
chen Maßnahme entgegensetzt, fürchten wir, daß noch gc
raunte Zeit vergehen wird. So haben wir uns entschlos¬
sen. wie es in den früheren Jahren der Fall gewesen ist,
für die Kriegsopfer die
Forderung nach einer Rotstandsaushilfe
zu erlieben. Es wurde durch die Abgeordneten S e v e r
und Schiegl im Budgetausschuß ein Antrag unter-
breitet, daß durch Einstellung eines Betrages von .3.3
Millionen Schilling in den Voranschlag den Kriegsopfern
eine einmalige Notstandsaushilfe gewährt wird. Auch
dieser Antrag wurde im Budgetausschuß abgelehnt, wes-
halb er dem hohen Hause als Minderheitsantrag vor¬
liegt. Ich bitte um dessen Annahme. Ich glaube, es ist das
Allernotwendigste, daß wir die Möglichkeit schaffen, den
Kriegsopfern angesichts ihrer Verzweiffüng, ihrer Not
ÄÄd ihres Elends, so Wie in. den früheren Jahren, vorläu¬
fig efne NoPandsaushilfe zu ermöglichen, um ihnen für
einig« Zeit aus dem unsagbaren Elend, in dem sie sich be¬
finden, heraushelfen zn können.
Abg. H ölzl befaßte sich nun mit den einzelnen For¬
derungen des Zentraloerbandes und unterzieht die
Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes einer schar¬
fen Kritik. Hieraus legt er dem Nationalrat eine ganze
Reihe von Fällen vor, in welcher Kriegsopfer, und zwar
insbesondere in der Provinz, drangsaliert und um ihr
Recht gebracht wurden. Er kommt weiters auf die Kla¬
gen der Kriegsbeschädigten, d«ß sie nicht die richtige
Heilbehandlung erfahren, zu sprechen. Er berichtet über
Härten in der Praxis des § 29, kritisiert die Tätigkeit
der Armenärzte, die selbst sagen, nicht anders entscheiden
zu können, da sie sonst ihre Stellung nud ihr Brot ver¬
lieren. Man hat Invalide, die früher 100prozentiq er¬
werbsunfähig waren, auf 50 bis 00 Prozent herabgesetzt
oder auch ganz abgewiesen.
Abg. H ö l z l befaßt sich hierauf mit dem Lehrlings»
schütz, der Kleinrentnerfrage, den Gewerbegerichten, de?
Arbeitslofensürsorge, und schließt dann:
Zum Schlüsse erlaube ich mir, abermals auf unsere
Minderheitsanträge hinzuweisen. Die Kriegsopfer er-
l>eben mit Recht den Ruf nach Erfüllung ihrer Ansprüche.
Ich glaube, daß das hohe Haus, diesem Rufe Rechnung
tragen könnte. Durch die rechtzeitige Einsetzung des Be-
träges von 20 'Millionen Schilling als Mehrerfordernis
in den Bnndesvoranschlag des Jahres 1928 würde die
Möglichkeit geschaffen werden, die so lange erwartete und
mit Recht geforderte X. Novelle zum Invaliden-Entschä-
digungs-Gesetz den Kriegsopfern zu gewähren. (Lebhafter
Beifall und. Händeklatschen.)
zwei wichtige Entscheidungen de»
(Schlich.)
3. Ob der Geschädigte, abgesehen von der Rente, nicht
etwa ein Monatseinkommen im Mindestaus,naße von
120 Schilling auch während der Heilbehandlnnq weiter-
bezieht. Laut der von der Schiedskommission bestätigten
Bescheide des Bureaus vom 15. Jänner 1920 und vom
14. August 1926 hat die Gesnndheitsabteilnng der ober-
österreichischen Landesregierung die vom Amtsarzte des
Magistrates Steyr verfügte ambulatorische und häusliche
Heilbehandlung des Klaffenböck durch den Arzt Doktor
Scheiber nachträglich als Organ des Gesundheitsdienstes
genehmigt. Aus den Bestätigungen des behandelnden Arz¬
tes Dr. Scheiber vom 23. November 1925 und vom
30. Juli 1926 geht weiters hervor, daß Klaffenböck wähö¬
rend der Heilbehandlung in der Zeit nach dem 7. Oktober
1925 und in der Zeit vom 30. Juli bis 6. August 1926
hohes Fieber hatte und bettlägerig war.
Diese Tatsachen sind bei der Beurteilung der Frage,
ob Klaffenböck während der erwähnten Zeit einer regel¬
mäßigen Erwerbstätigkeit nachgehen konnte, von Belang.
Da jedoch Klaffenböck bereits feit dem Jahre 1923 fast
ununterbrochen in Heilbehandlung nach dem Invaliden-
Entschädigungs-Gesetz stand, mußte untersucht werden, ob
Klaffenböck vor dem Jahre 1923 als dem Beginne der
Heilbehandlung eine regelmäßige Erwerbstätigkeit aus¬
übte. Nach der Aktenlage steht fest, daß Klaffenböck vom
29. September 1920 bis 14. Februar 1923 in der öfter-
reichischen Waffenfabrik in Steyr beschäftigt war.
Wenn die Schiedskommission in ihrer Entscheidung
vom 11. Oktober 1926 und auch in der ersten Entscheidung
vom 19. März 1926 zur Begründung anführt, daß der
Entschädigungspflicht des Staates gegenüber Klaffenböck,
dessen Lungenleiden durch den Militärdienst nur »er-
Wimmert worden sei, schon durch Zuerkennung einer
verhältnismäßig hohen Rente Genüge geleistet worden sei.