Volltext: Nr. 11 1927 (Nr. 11 1927)

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Nachrichten 
Nr. 11 
ichloß und in den Ausschüssen die Forderungen überhaupt 
nicht vertrat. 
Die Novelle war nach dem Vorschlage der Regierung 
»inannehmbar, weshalb die organisierten Invaliden und 
Hinterbliebenen und eine Reihe von Vertretern auswar- 
tiger Ortsgruppen am 6. Februar 1927 einen Demon- 
strationsumzug in Linz und eine Landeskonferenz durch¬ 
führten. Der Zug bewegte sich vom Pestalozziplatz auf die 
Promenade vor das Landhaus, wo eine Deputation ge- 
wählt wvrde, die von den Landeshauptmannstellvertretern 
Gruber und Langoth und dem Landesamtsdirektor Attems 
empfangen wurde. Die Deputation erhielt die Versiche? 
tung, daß die Landesregierung sich schon am kommenden 
Tage in einer Regierungssitzung mit den Forderungen 
befassen und jedenfalls einstimmig beschließen werde, die- 
selbe befürwortend an die Bundesregierung weiterzu- 
leiten. In der nachmittägigen Tagung der Landeskonfe- 
renz wurde nach einem eingehenden Berichte über die 
Situation und einer ausgedehnten Debatte der Beschluß 
gefaßt, eher auf eine IX. Novelle überhaupt zu verzichten, 
als den Vertrauensarzt zu verlieren. Im letzten Augen- 
blick gelang es noch, mit der Regierung ein Kompromiß 
zu schließen, nach welchem die Invaliden zwar nicht mehr 
das Recht auf einen Vertrauensarzt, aber das Recht auf 
Beiziehung eines zweiten Sachverständigen aus der Lifte 
der Sachverständigen haben, den aber die Schiedskommis- 
sion oder das Bureau der Jnvaliden-Entschädigungs-Koftl- 
Mission bestimmt. 
Am 17. Februar wurde endlich die IX. Novelle vom 
Parlament verabschiedet und die erhöhten Renten traten 
mit 1. Februar 1927 in Wirksamkeit. Die große Zahl der 
in der IX. Novelle unerfüllt gebliebenen Wünsche ließ 
bald den Ruf für eine X. Novelle laut werden. Aus die- 
sen Gründen heraus hat der Reichsdelegiertentag am 2. 
und 3. April 1927 sich bereits mit einer ganzen Reihe 
von Anträgen für eine X. Novelle zu befassen gehabt. 
Die Forderungen, sagte Redner, werden demnächst über- 
reicht werden. (Die Forderungen wurden inzwischen über- 
reicht.) 
Er kam dann auf das Jnvaliden-Beschäftigungs-Gesetz 
zu sprechen, welches mit 31. Dezember 1926 ablaufen 
sollte. Es war daher eine wichtige Aufgabe des Zentral- 
Verbandes, rechtzeitig auf die Verlängerung des Gesetzes 
hinzuwirken. Den Bemühungen gelang es auch, daß das 
Gesetz wieder um ein Jahr verlängert, in manchen Be- 
stimmungen auch verbessert wurde. 
Der Kampf um die Wiedereinführung der Trafik-Kün- 
digungsverordnung war leider erfolglos geführt. Unmit- 
telbar vor den Wahlen verschlechterte der Finanzminister 
Kienböck die Verordnung ganz bedeutend, so daß die In- 
validen geradezu als bevorzugte Bewerber ausgeschaltet 
sind. Der Zentralverband hat im Nationalrat an den 
Finanzminister eine Anfrage richten lassen auf die eine 
umfangreiche schriftliche Antwort erfolgte, die einer lay- 
gen Ausrede gleichkommt, und an der Sache natürlich 
nichts ändert. Sie behauptet nur, daß die Besetzungsvor- 
schrift nicht zu Ungunsten der Kriegsopfer geändert wurde. 
Die Tatsachen belehren uns leider eines anderen. 
Sehr wichtig im Kampf unserer Organisation war un- 
fer Organ, die „Nachrichten", deren Abnehmerzahl auf 
12.000 angewachsen ist. Um die Kosten teilweise zu decken, 
haben wir einen Aufruf zur Zeichnung von Preßfonds- 
spenden veröffentlicht, dem viele Ortsgruppen und Mit- 
glieder bereitwilligst Folge leisteten so daß wir die Zei- 
tung im vollen Umfange bisher herausgeben konnten. 
Den größten Raum in der Tätigkeit des Verbandes, 
insbesondere des Sekretariates, nahm die Mitwirkung bei 
der Durchführung der Gesetze ein. Das ist eine Tätigkeit, 
die nach Außen hin nicht so bekannt wird, die aber von 
ungeheurer Bedeutung ist. Die Zahl der Interventionen 
und Vertretungen, die Zahl der Sitzungen der Schieds- 
Kommission, des Trafikbesetzungsausschusses, des Einste!» 
lungsausschusses ist sehr groß und ;ede Gelegenheit, den 
Mitgliedern das Bestmöglichste herauszuholen, wurde von 
unseren Vertretern ergriffen. 
Ein bedeutsamer Zweig der Verbandstätigkeit ist die 
charitative Fürsorge, die dem Verbände nicht nur große 
Mittel, sondern besonders große Mühen und Arbeit ver- 
ursacht hat. Allen denen, die mitgeholfen haben., uns diese 
Arbeit zu erleichtern, sei herzlichst gedankt. Er schloß mit 
dem Hinweis darauf, daß uns die kommende Zeit schwere 
Kämpfe bringen wird, die uns nur dann Erfolg bringen 
werden, wenn wir den Kampf einig und geschlossen führen. 
Den organisatorischen Bericht erstattete Kamerad 
Hufnagl, der unter anderem folgendes ausführte: 
Wir haben im Programm des Zentralverbandes eine 
Bestimmung, die lautet: Aufgabe des Zentralverbandes 
ist es, den Kriegsopfern die bestmöglichste Stellung im 
Staate und Gesellschaft zu erringen. Bon diesem Gedan¬ 
ken haben wir uns im abgelaufenen Jahre leiten lassen. 
Die Arbeit, die der Verband geleistet hat, betraf Haupt- 
sächlich die IX. Novelle zum Invaliden-Entfchädigungs- 
Gesetz, welche am 17. Februar Gesetz wurde. Schon am 
letzten Verbandstag haben wir darüber berichtet, es ver- 
gingen aber noch Wochen, ehe wir die erhöhten. Renten 
bekamen. Wir haben aber die Zeit nicht ungenützt gelaf- 
sen, und'erreicht, daß Notstandsaushilfen bewilligt wur¬ 
den. Wir haben den Kampf in Oberösterreich in scharfer 
Form geführt, ihn immer mehr und mehr gesteigert, bis er 
durch die Demonstration am 6. Februar den Höhepunkt 
erreichte. Bis zum letzten Tag gaben wir den Kampf nicht 
auf und versuchten, noch Verbesserungen zu erzielen. Es 
war in diesen Tagen Nationalrat Drexel in Linz, der zu 
seinen Leuten sagte, es ist schade um alle Bemühungen, 
es wird sich nichts mehr ändern lassen. Wir haben den 
Kampf trotzdem weitergeführt und Verbesserungen er- 
reicht, Verschlechterungen abgewehrt. Es ist nicht unsere 
Sache, nicht unsere Gepflogenheit, sofort die Flinte ins 
Korn zu werfen, wenn es den Anschein hat, daß nichts 
mehr zu erreichen ist. Wir haben erreicht durch unseren 
Zentralverband, daß für die Kriegsopferfürsorge 13 Mil¬ 
lionen Schilling mehr ausgeworfen wurden. Freilich 
reicht dieser Betrag bei weitem nicht hin, um die Renten 
so erhöhen zu können, als es sogar von der Regierung 
als notwendig anerkannt wurde. Wir hoffen, daß wir in 
nächster Zeit wieder einen Schritt vorwärts gehen können. 
Der Kampf, den wir mit den Brüderverbänden und Ins- 
besonders auch mit den Kriegsblindenverband gemeinsam 
geführt haben, war nicht umsonst geführt. Nicht nur das 
Invaliden-Entschädigungs-Gesetz, sondern auch das In- 
validen-Beschäftigungs-Gesetz, welches mit 31. Dezember 
1926 ablaufen sollte, hat uns im abgelaufenen Berichts- 
jähre beschäftigt. Es ist gelungen, dasselbe wieder auf ein 
Jahr zu verlängern und auch zu verbessern. In Oberöster- 
reich wurde diesem Gesetz nicht jene Bedeutung beigemes- 
sen, die es hat. Wir haben bei der Invaliden-Entschähi- 
gungs-Kommission vorgesprochen und ersucht, daß ein 
eigener Beamter angestellt wird, der sich nur mit der 
Durchführung des Gesetzes zu befassen hätte. Die Inva- 
liden-Entschädigungs-Kommission hat uns dies zugesagt, 
und seit November 1926 ist ein eigener Referent bestellt. 
Wir haben diesem Referenten jede Unterstützung ange- 
deihen lassen, alle Arbeitslosen zusammengefaßt und ein 
eigenes Arbeitslosenkomitee eingesetzt. Dadurch konnten 
wir in Linz allein 120 Betriebe auffinden, die der Ein- 
stellungspslicht nicht Genüge geleistet haben. Durch die 
Tätigkeit des Arbeitslosenkomitees im Einvernehmen mit 
dem Referenten bei der Jnvaliden-Entschädigunqs-Kom» 
Mission gelang es, vom November bis Juni 1927 mehr 
als 220 Invalide einzustellen. In der Provinz bestehen
	        
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