Volltext: Nr. 8 1926 (Nr. 8 1926)

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Nachrichten 
Nr. 8 
»er kann eine s»entenavfer«au«g eryatten? 
Im Sinne des § 36 des Invaliden-Entschädigungs- 
Gesetzes aknn die Umwandlung der Rente in eine Ab- 
fertigung erfolgen. — Die Durchführungsverordnung 
hiezu besagt, daß eine Abfertigung nur jenen Invaliden 
und Witwenrentenempfängern bewilligt werden kann, die 
das 55. Lebensjahr noch nicht überschritten haben. Die 
Abfertigung von Invalidenrenten kann bis zu 55 Pro- 
zent Erwerbseinbuße zur Gänze, über diesen Prozentsatz 
hinaus nur bis zur Hälfte erfolgen. — Witwenrenten 
können nur bis zur Hälfte abgefertigt werden. Eine Ab- 
fertigung von anderen als Invaliden- und Witwenrenten 
ist nicht möglich. 
Das Invaliden-Entfchädigungs-Gesetz sagt, daß die 
genaueren Bestimmungen über die Abfertigung der Ren- 
ten durch Verordnung getroffen werden. Die II. Durch- 
führungsverordnung bestimmt daher ausdrücklich, für 
welche Zwecke eine Abfertigung gewährt werden kann: 
1. Zur Sicherstellung oder dauernden Erleichterung ihres 
Unterhaltes; 2.zur Sicherstellung oder Erleichterung 
ihrer Ansiedlung oder ihres Erwerbes, wie beispielsweise 
zur Beteiligung an einer gemeinnützigen Bau- und Woh- 
nungsgenossenschaft oder an einem Erwerbs- und Wirt- 
schaftsunternehmen, zum Erwerbe von Grund und Boden, 
zur Entschuldung von Grundbesitz, zur Durchführung 
von Investitionen und Meliorationen, zur Beschaffung 
von Produktionsmitteln, Studienbehelfen usw. 
Kinderzuschüsse werden nur dann abgefertigt, wenn 
die Rente zur Gänze abgefertigt werden kann (bis zu 
55 Prozent) oder wenn ein Rentenempfänger, welcher 
nach § 29 gekürzt ist, den restlichen Teil seiner Rente 
abfertigen läßt. Das Gesetz, bezw. die Durchführungs- 
Verordnung, bestimmte also klar und deutlich, daß zur 
Verbesserung der wirtschaftlichen Lage die Invaliden» 
und Witwenrente abgefertigt werden kann. 
Viele Invalide und Witwen haben sich dadurch ein« 
gesicherte Existenz gegründet. 
Mit der Begründung, daß wirklich mit der Abferti« 
gung Mißbrauch getrieben wurde, hob das Ministerium 
im Dezember 1925 diese Bestimmungen der II. Durch» 
führungsverordnung auf und setzte folgende fest: 1. Zum 
Erwerbe oder zur wirtschaftlichen Stärkung eigenen 
Grundbesitzes, wenn der Rentenempfänger Inhaber eine» 
land- oder forstwirtschaftlichen Betriebes ist; 2. zur Ein« 
richtung oder zum Betriebe eines Tabakverfchleißgeschäf» 
tes. — Die Begründung des Ministeriums ist natürlich 
nur ein Vorwand für Ersparungszwecke. Es wird zu» 
gegeben, daß manche Invalide und Witwen die Abferti« 
gungssumme nicht nutzbringend verwendet haben. DA 
Zahl ist aber so klein, daß davon die Notwendigkeit eine». 
Drosselung nicht abgeleitet werden kann. Daher hat de»; 
Zentralverband gefordert, diese engherzige Bestimmung 
aufzuheben und auch für andere gesicherte Existenzgrün» 
düngen die Abfertigung der Renten zu ermöglichen. 
Kurz zusammengefaßt, haben nur solche die Möglich« 
keit, die Rente kapitalisieren zu lassen, die bereits Be« 
sitzer einer landwirtschaftlichen Liegenschaft sind und die 
Abfertigung zum Zulauf von Grund oder zur Entschuk 
dung ihres Besitzes benötigen, oder die eine Trafik be« 
reits besitzen oder eine solche zugesprochen erhielten, fi« 
jedoch wegen Kapitalsmangel noch nicht übernehme^ 
konnten. 
Entscheidungen ves Vertvattungsaertthte». 
In der Nummer 6 unserer „Nachrichten" 1U26 brach¬ 
ten wir unseren Mitgliedern einige Entscheidungen des 
Verwaltungsgerichtshofes zur Kenntnis und knüpften 
daran Bemerkungen, um die Entscheidungen für die 
Mitglieder etwas verständlicher zu machen. 
Wir bringen heute neuere Entscheidungen, um da- 
durch unseren Funktionären die Arbeit zu erleichtern 
und die Mitglieder aufzuklären. 
ad § 1: Vergütungsansprüche nach dem Invaliden- 
Entschädigungs-Gesetz können nur zuerkannt werden, 
wenn der Anspruchswerber spätestens am 30. Mai 1922 
die österreichische Bundesbürgerschaft erlangt hat; denn 
vom Mangel dieses Erfordernisses kann nicht einmal im 
Gnadenwege dispensiert werden. (4. Dezember 1925.) 
Diese harte Bestimmung, die im Jnvaliden-Ent- 
schädigungs-Gesetz ausdrücklich festgelegt ist, trifft befon- 
ders die Optanten, welche die Bundesbürgerschaft erst 
nach dem 30. Mai 1922 erreichten. Es ist daher voll¬ 
kommen überflüssig, in solchen Fällen Ansuchen um 
Nachsicht der Fristversäumnis (siehe § 30, Absatz 4, des 
Invaliden-EntschädigungsGesetzes) oder Gnadengesuche 
einzubringen. 
ad § 19. Der Witwenstand zur Zeit des Inkraft- 
tretens des Invaliden-Entschädigungs-Gesetzes (30. Juni 
1919) ist eine wesentliche Boraussetzung für die Begrün- 
dung eines Witwenrentenanspruches. (30. November 
1925). 
Auf diese Entscheidung machen wir besonders auf» 
merksam, weil die meisten Witwen, die sich während des 
Krieges oder nach dem Zusammenbruche, aber vor denß 
30. Juni 1919 wieder verehelichten, sich heute noch immstz 
bemühen, den Anspruch auf Witwenrente oder Abferti» 
gung zu erreichen. Der Anspruch, vorausgesetzt, daß e$ 
rechtzeitig geltend gemacht wurde, besteht nur dann zu« 
recht, wenn die Wiederverehelichung erst nach Inkraft? 
treten des Invaliden-Entschädigungs-Gesetzes (30. Juni 
1919) erfolgte. 
ad § 20: Der Anspruch der Lebensgefährtin auf 
Witwenrente nach § 20 des Invaliden-Entschädigung«^ 
Gesetzes stützt sich ausschließlich auf den längeren Bestand' 
eines eheähnlichen Verhältnisses zwischen dem Kriegs» 
beschädigten und der als Lebensgefährtin anerkanntes 
Frau, ohne sie von irgendwelchen Voraussetzungen imt| 
insbesondere davon abhängig zu machen, daß sie selbD 
ledig oder, wenn verheiratet, so doch wenigstens gerich« 
lich geschieden ist. (30. November 1925.) 
Durch diese Entscheidung wurde ausgesprochen, daß 
der Anspruch auf Rente einer Lebensgefährtin zureM 
besteht, wenn ein eheähnliches Verhältnis durch längerb 
Zeit bestand (mindestens ein Jahr, siehe § 20, Absatz 1? 
des Invaliden-Entschädigungs-Gesetzes). Es muß also 
nicht unbedingt gemeinsamer Haushalt, sondern besonn 
ders der Wille zur Führung eines solchen vorgelegen 
haben. Bisher wurden die Entscheidungen von der Im 
validen-Gntschädigungs-Kommission so getroffen, bof 
immer die Abweisung erfolgte, wenn nicht der gemetrig 
same Haushalt nachgewiesen werden konnte. Und doH 
waren viele unter diesen, die den gemeinsamen Haushalt 
führen wollten, dies aber infolge verschiedener Umständ«
	        
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