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Nachrichte«
Nr. 4
Weniger bekommen als voriges Jahr. Diese bekämen da der Finanzminister einen höheren Betrag nicht aus-
75 Prozent der Dezemberaushilfe und dasselbe Ausmaß werfe.
muß auch für die Kriegsopfer gelten. Auf das Ver- Die Sätze der Notstandsaushilfe find zweifellos un-
langen wegen Einbeziehung der Vollrentner, Blinden zulänglich, immerhin besser als nichts. Auch diese Not»
und Hilflosen wurde anwidert, daß diese im Verhältnis standsaushilfe ist nur dem Zentralverband zu verdanken,
zw den anderen besser stehen und iibervalorisiert seien, welcher durch die Entsendung seiner Vertreter nach Genf
Die vom Zentralverband angeführten Argumente hatten eben der Regierung das Versprechen abgerungen hat,
schließlich den Erfolg, daß die Regierungsmänner neue daß, sobald die Bundesangestellten etwas erhalten, auch
Berechnungen anstellten und neue Ziffern brachten, und den Kriegsbeschädigten etwas gegeben werden muß:
zwar folgende: Die Notstandsaushilfe wird noch vor Ostern allen
Für 35—45%ige Invalide S 10 - lc,wn Zugestellt werden, welche im März einen Renten.
jtj[x 55~650/°iqe Invalide ! ! ! . S 16 — selbstverständlich erklärten unsere Vertreter, daß
L 05 75°/oiae Invalide S 19— diese Notstandsaushilfe ebenso wenig als die erste mit
Mir »der 7>S%tö<> invalide . . .8 19'— der neunten Novelle zu verquicken sei und der Zentral.
Wir über 75 /otge Invalide ......... ö l» verband nach wie vor darauf bestehe, daß die neunte Ro»
Die Hinterbliebenenansätze sollen unverändert blei° velle ehestens Gesetz werde, denn nicht mit einzelnen Not»
ben. Trotz der entschiedenen Forderung, auch die Hinter- standsaushilsen, sondern nur durch eine gründliche No«
bliebenensätze zu erhöhen, gelang es nicht, die Vertreter vellierung des Invaliden-Entschädigungsgesetzes können
der Regierung zu bewegen, höhere Sätze zu bewilligen. Not und Elend gelindert werden.
Die Xraftkenverorönung.
Als uns im Jahre 1928 die Aufhebung der Kündi- die Trafiken, die durch Tod des Inhabers oder infolge
gungsverordnung durch die Minister Schmitz und Kien- Geschäftsverkaufes frei werden, nicht mehr besetzen
böck überraschte, war klar zum Ausdruck gebracht wor- können.
den, daß sich die Regierung mit dem Erbe Hanusch nicht Das Ministerium ist vielmehr besorgt, den Alt»
abfinden will. ' trafikanten, beziehungsweise deren Nachkommen oder
Die Kriegsopfer fühlten, daß eine neue Aera, bar Angehörigen die Trafik zu sichern. Cs erklärt, daß bei
jedes sozialen Empfindens, anbrechen wird. freiwerdenden Trafiken nicht mehr die Invaliden und!
Selbst die schlimmsten Erwartungen wurden von den Hinterbliebenen, sondern die Angehörigen der Alttrafi-
Tatsachen übertroffen. kannten als „bevorzugte" Bewerber zu gelten haben.
Ein planmäßiger Raubzug gegen die sozialpolitischen Wenn z. B. ein steinreicher Großkaufmann durch Tod
Einrichtungen ließ die Invaliden und Hinterbliebenen abgeht, bekommt die nun freigewordene Trafik nicht ein
nicht mehr zur Ruhe kommen. Invalider mit seiner „horrenden" Rente, fondern de«
Trotz der schwierigen Verhältnisse, die sich immer un> „arme" Sohn des „armen" Verstorbenen,
jiberwindlicher gestalteten, ließ der Zentralverband von Durch diese Aenderung wäre also die Besetzung von
seiner Forderung auf Wiedereinführung der Trafikkündt» freiwerdenden Trafiken durch Kriegsopfer unmöglich ge»
gungsverordnung nicht ab. macht.
Einige Male war man schon überzeugt, die Berord» Die Ministerien wollen also den Kriegsopfern nicht
nung wieder zu erhalten, als ein Regierungs- oder Mini- entgegenkomme^, sondern ihnen ihre letzten Hoffnungen
sterwechsel wieder einen Strich durch die Rechnung noch rauben. Kein Mensch hätte einen derartigen Eut-
machte. wurf erwartet.
Nach langem Kampfe erschien endlich ein neuer Ent- Und nun zur Kündigungsmöglichkeit,
wurf der Trafikenverordnung, der aber als ungeheuer- Die Verordnung sagt, daß innerhalb kurzer Zeit die
lich bezeichnet und abgelehnt werden muß. Kündigungsanträae zu stellen sind und daß die Kündi»
Die beiden kompetenten Ministerien zeigen ihre In- gungsmöglichkeit bis Ende 1926 besteht,
validenfreundlichkeit im vollen Glänze. Um auch die Kündigungen unmöglich zu machen, setzt
Dieser Entwurf sollte zwei Richtungen entsprechen: man nicht mehr den früher bestandenen Kündigungsaus-
1. Der Öffentlichkeit gegenüber den Schein einer Inva° schuß, sondern einen „Beirat ein, welcher nur gehört
lidenfreundlichkeit zu erwecken, 2. den Trafikanten einen werden braucht. Cr hat also keine bestimmende Rolle,
Liebesdienst zu erweisen, sie in ihrer Position zu stärken sondern nur ein Scheindasein. Der Beirat würde eine
und einen neuen Beweis dafür zu erbringen, daß die Kündigung vielleicht beschließen, die Finanzbehörde ist
Regierung mit dem „revolutionären Schutt" aufräumt, aber an den Beschluß nicht gebunden und könnte den Be»
Geradezu empörend wirkte es, als die Verordnung schluß umstoßen, die Kündigung also nicht durchführen,
aufgehoben wurde, womit jede Möglichkeit schwand, ge- da sie den Ausschuß nur anhören muß.
sicherte Existenzen zu gründen, während gut situierte Ist schon die Einsetzung eines Beirates an Stelle des
große Geschäftsleute sich ob der Sicherheit ihrer Trafik Ausschusses eine Sache, die unannehmbar ist, so ist die
ins Fäustchen lachten. Zusammensetzung dieses Beirates von vorneherein abzu°
Mehr empörend wirkt es, daß die Ministerien jetzt lehnen,
dem Wunsche der Kriegsopfer „nachkommen", die Mög- Der Beirat würde bestehen aus vier Mitgliedern und
lichkeiten, Invaliden Trafiken zu geben, geradezu unmög- einem Vorsitzenden. Cr wäre nicht nur rechtlos und zweck»
lich machen und das Mitbestimmungsrecht ausschalten. los, sondern auch unmöglich gemacht, gedeihliche Arbeit
Der Zentralverband hat gefordert, daß die im Jahre zu verrichten, da ein Vertreter des Zentralverbandes,
1923 außer Kraft gesetzte Trafikkündigungsverordnung em Vertreter des Reichsbundee und zwei Trafikantenver»
wieder im vollen Umfange erscheine. treter sowohl im Kündigungs- als auch im Besetzungsver»
Herr Kollmann, der Zollerhöher und Gewerberetter, fahren angehört und der Finanzvertreter das entscheid
hat die Forderungen scheinbar mißverstanden? dende Wort zugunsten des Trafikanten sprechen würden.
Die Invaliden sollen nach der neuen Verordnung Jeder Kenner der Verhältnisse ist sich sofort klar, dajj
nicht nur keine Trafiken kündigen können, sondern auch dieser Heirat nur ein Scheindasein hätte, daß die Min?"