Ludwig XVv.
und die Marquise von Pompadour.
In seinen Erinnerungen schildert ein Offizier der
Cheveauxlegers eine Audienz bei der Pompadour und eine bei
der Dubarry. Auf,einer Chaiselongue halb ruhend, empfing
ihn die Gräfin Dubarry, und als der Kavalier, geblendet von
ihrer Erscheinung, ganz an die Anrede vergaß, die er sich
eingelernt hatte, und ihm der Herzog dMiguillon zu Hilfe
kommen mußte, da versprach sie ihm die für einen Soldaten
seines Regiments, der als Deserteur zum Tode verurteilt
werden sollbe, erbetene Gnade; und als sie ihm die Hand
zum Kusse reichte und d'Aiguillon scherzend sagte: „Dieser
Handkuß war für den Bittsteller, gewähren Sie diese Gunst
auch seinem tapferen Regiment,“ so durfte der Offizier noch
einmal ihre Hand küssen — anders die Pompadour.
Mit halb abgewandtem Antlitze, mit kurzem, hoch—
fahrendem Neigen die devote Verbeugung des Eintvetenden
erwidernd, den Arm auf den mit Akten bedeckten Schreibtisch
gestützt, nahm sie das Anliegen des jungen Offiziers entgegen,
um ihn nach einigen kurzen Augenblicken mit stolzem, hoch—
mütigem Gruße zu entlassen.
Stolz und Hochmut, das waren die hervorstechendsten
Eigenschaften der Marquise. Sie verleugnete diese auch
gegen hohe Personen nicht, ja selbst den Mitgliedern der
königlichen Familie trat sie mit dem gleichen Hochmut entgegen.
Nicht sie war es, die sich um die Gunst der Minister sowohl als
der königlichen Prinzen und Prinzessinnen bewarb, nein, sie
alle, und mochten sie noch so hoch geboren sein, mußten sich um
ihre Gunst bewerben.
Waoar es ja offenkundig, daß ihr Wille der allein ausschlag—
gebende, ihre Stellung die allein gebietende war.
Selbst die Königin, die geistig unbedeutende Maria
Leczynska, suchte die Fürsprache der Marquise, wenn es galt,
für einen ihrer Schützlinge etwas zu erlangen; der König selbst
beschloß nichts, ehe nicht die Marauißke ihre Meinung abge—
geben hatte.