Volltext: Der geheime O. B. [301]

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Ich besitze noch eine Angahl größerer und kleinerer 
Zeitungsausschnitte, welche aber alle ersichtlich von Doktor 
Wester stilisiert sind — daher also absichtlich Verschleierungen 
enthalten dürften. Ich lasse daher den unglücklichen Comte 
selber sprechen, der auf so raffiniert grausame Weise zum 
Irrsinn gebracht wurde. Ich erinnere mich dabei an ein großes 
Fest bei einem polnischen Adeligen hier in Paris, bei welchem 
Grevillion als indischer Fürst erschienen war. Man macht sich 
keinen Begriff, wie schön er aussah und welchen Eindruck 
er auf Frauen ausübte. Er hatte meergrüne Augen, mit ganz 
langen, schwarzen Wimpern, so daß, wenn er die Augen ein 
wenig gesenkt hielt, man den Eindruck hatte, er hätte sie ge— 
schlossen. Der Mund war klein und kühn geschwungen, der 
eint gnottbraun, das Haar dunkelblond, sehr weich und leicht 
gewellt. 
Bei diesem Fest, wo die übergroße Erscheinung 
alle Damen zur Bewunderung hinriß, geschah es, daß eine 
kleine, sehr hübsche Schauspielerin von Folies Bergoͤre sich im 
Stiegenhaus des Palais anschoß. Aus verzweifelter Liebe zu 
dem Comte. Grevillion, der sehr kühl und reserviert war und 
überhaupt den Frauen gegenüber eine korvekte Zurückhaltung 
an den Tag legte. Er kniete in größter Bestürzung an dem 
Lager, das man sofort improvisierte, nieder, und ich war einen 
Augenblick über seine Unbeherrschtheit ganz verblüfft. Aller— 
dings merkte ich sehr bald, daß die Tat als solche ihn mehr 
alteriert hatte als die nicht ungefährlichen Verletzungen der 
kleinen Künstlerin. Er verließ sehr bald das gestörte Fest. 
Prinzessin D'Yf, welche einer leichten Ohnmacht nahe war, als 
der Schuß ertönte; war noch eine Weile in Gesellschaft Doktor 
Westers, der als Fliegender Holländer gekleidet war, zu sehen 
und verließ das Fest frühzeitig. Ich dachte dann nicht mehr 
an diesen Zwischenfall, bis ich einmal Doktor Wester 
traf und an seiner Seite die junge Schauspielerin aus den 
Folies in ausgelassener Laune, in einer Loge eines sehr be— 
kannten Nachtlokals. Alles war sprühendes Leben und tolle 
Ausgelassenheit an ihr — bloß die Augen kamen mir merk— 
würdig starr vor. Später hörte ich, daß die sehr begabte kleine 
Person sich total verlumpt haben soll und in allen verrufenen 
Nachtlokalen anzutreffen sei. Wahllos in ihrer Gesellschaft. 
Dies war um so befremdlicher, als ich wußte, das Mädchen sei 
aus sehr gutem Hause, enorm ehrgeizig und hatte all die Jahre 
nur ihrer Kunst gelebt. Sie kam mir aus den Augen, und ich 
weiß nicht, was mit ihr geschehen ist. Sonderbar war auch der 
Vorfall mit einer Kunstreiterin. Sie war die Tochter eines 
großen Zirkusdirektors, welcher für eine Zeit seine Zelte in 
Paris aufgeschlagen hatte. Sie ritt die hohe Schule vollendet,
	        
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