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geblieben. Zudem schwärmten nach dem Kriege in den Städten und ans dem Lande
eine Menge muffiger Bursche, als abgedankte Soldaten, Schergen, Schinder, Frei¬
leute und anderes Gesindel herum, erpreßten mit großem Ungestüme schweres Geld,
machten ihre Drohungen zur Wirklichkeit, fielen den ohnehin erschöpften Bauers¬
mann mit Raub unb Plünderung an, und quälten ihn so lange, bis sie ihn um
all bas ©einige gebracht, selbst auch oft in krüppelhaften Staub gefetzt hatten.
Dieses Treiben würbe so arg, baß bie kaiserliche Abmiuistratiou mit scharfen Ma߬
regeln dagegen einschreiten mußte. (August 1707.)
Im Jahre 1710 trat bie Pest in Ungarn, Polen, wie in den angränzenben
Ländern mit großer Heftigkeit auf, auch für Bayern brohte von biefer Seite Gefahr;
es würben deßhalb strenge Maßregeln bekannt gegeben; in den darauffolgenden
Jahren kamen derartige Krankheitsfälle vor; das Jahr 1713 aber war das gefähr¬
lichste; im angränzendeu Oberösterreich starben viele Tausende au der Pest, und
auch in manchen Orten des Juukreises forderte sie viele Opfer; zwischen dm beider¬
seitigen Jnnusern war aller Verkehr aufgehoben.
Am 17. April 1711 starb Kaiser Josef I. im 33. Lebensjahre zu Wien
an den Blattern. Dieser Vorfall führte nun einen gewaltigen Umschwung der Er¬
eignisse herbei; denn durch das Ableben des Kaisers Josef I. wurde nun besten
jüngerer Bruber Karl, welcher bisher mit Glück um ben spanischen Thron gekämpft
hatte, auf ben Thron ber österreichischen Erbläuder Berufen. Dieser Umftanb bewog
England und die übrigen Bundesgenossen von der Allianz mit Oesterreich, welches
sie durch die Vereinigung zweier Kronen aus Einem Haupte zu mächtig zu
werden fürchteten, zurückzutreten, und allein war Oesterreich doch zu schwach, mit
Erfolg den Kampf gegen Frankreich fortzusetzen. Deßhalb entschloß sich Kaiser
Karl VI. im Jahre 1714 zum Frieden, und verzichtete nicht nur ans Spanien,
sondern gab auch ganz Bayern sammt dem Jnnkreise dem Churfürsten Max Emmanuel,
ber wie fein Bruber Josef Clemens, der Reichsacht entlebiget, und in die vorigen
Würden und Länder eingesetzt wurde, wieder zurück.
Im Jahre 1715 kehrte der Churfürst nach einer 10 jährigen Trennung,
zur großen Freude feiner Unterthanen, aus Frankreich nach Bayern zurück.
Ant 6. Februar 1715 zogen statt ber kaiserlichen Garnison 2 Compagnien
vom Gras von Tauskircheu'schen Kuirassier-Regiments unter beut Coiunianbo bes
Obristen Grasen von Tauskirchen in Schärding ein.')
Churfürst Max Emmanuel sorgte nach seiner Rückkehr eifrig für bie Empor-
bringuug der Wohlfahrt feines ganz zu Gruitbc gerichteten Vaterlaubes; denn es war
in einem ähnlichen Elende wie nach den Gräueln des 30jährigen Krieges; viele Städte,
Flecken unb Dörfer waren angezündet, bie Einwohner gemorbet oder verjagt, unb ber
vielseitige Mangel an Lebensmitteln hatten Hunger, Krankheiten unb Seuchen erzeugt.
Im Jahre 1713 war über beut oberen Stadtthore ber Feuerwachthurm
gebaut worden.
i) A. Buchner's Geschichte von Bayern, IX, Band, Seite 168—178.
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