Volltext: Th. 1 [=A. Geschichte von Schärding], H. 2 (Th. 1, Heft 2, 1886)

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Schon im Jahre 1858 war die Errichtung einer Kinder Herberge 
d. i. einer Kleinkinder-Bewahranstalt zu Schärding angeregt worden, 
und um eine solche in's Leben zu rufen, waren von verschiedenen Wohlthätern zum 
Theile namhafte Spenden eingeflossen. 1863 wurden für diese Anstalt Statuten 
entworfen, berathen, zur Genehmigung vorgelegt, und am 10. Juli 1863 von der 
k. f. Statthalterei bestätiget, Im Jahre 1868 wurde der für die werdende Anstalt 
erforderliche Bangrund eingetauscht, am 28. Juli 1869 der Bau begonnen, und im 
Jahre 1870 nach dem ebenerdig entworfenen Bauplan um 4383 Gulden vollführt. 
1871 wurde ein warmer, zum zahlreichen Beitritte einladender Aufruf an die Be¬ 
wohner Schärdings erlassen, worauf sich 185 unterstützende Mitglieder mit einem 
Betrage von 320 Gülden zeichneten, und von 48 Wohlthätern Verschiedenes an 
Haus-, Zimmer- und Kücheneinrichtung, an Viktualien k. gespendet wurde. Am 
5. März wurde die Wahl der 5 Ausschüsse vorgenommen, und am 24. März fand 
die e r st e S i tz u u g der gesammten Vertretung, bestehend aus den Herren Stadt¬ 
pfarrer, Bürgermeister, 3 Gemeinderäthen und den 5 Ausschüssen, statt, in welcher 
Sitzung der Contract mit den armen Schnlschwestern von Vöcklabruck wegen 
Uebernahme der Wartdienste und Lehrkräfte in der Kleinkinder-Bewahranstalt be¬ 
rathen und am 19. April auch angenommen wurde. Am 1. Mai 1871 ging die 
feierliche Eröffnung der Kleinkinder-Bewahranstalt, die Benediction des Hauses und 
die Einführung der aus Vöcklabruck angelangten, die Anstalt übernehmenden 3 Schnl- 
schwestern durch den hochwürdigen Herrn Dechant und Stadtpsarrer Joseph Roth- 
baner, im Beisein der Geistlichkeit, der Vertretung der Anstalt, und jener der Ge¬ 
meinde vor sich. Seither wird die Anstalt von 100—120 Kindern beschickt. 
deutschen Heere auf verschiedenen Kriegsschauplätzen Sieg um Sieg erfochten, und die verschiedenen 
Deutschen als Waffenbrüder geeinigt in Tapferkeit und Todesmuth miteinander wetteiferten, 
wurde der in Deutschland zu Anfang des Krieges aufgetauchte Gedanke, durch die Wiederher¬ 
stellung eines Reiches unter preußischem Scepter die Einheit Deutschlands, und die ihm gebührende 
Machtstellung dauernd zu begründen, zum Beschlusse erhoben. Kurz nach der Schlacht bei Sedan 
waren Verhandlungen wegen des Anschlusses der 4 süddeutschen Staaten an den norddeutschen 
Bund angeknüpft, und mit König Wilhelm von Preußen, der sich seit dem 5. Oktober 1870 zu 
Versailles befand, insbesondere auf Anregung des Königs Ludwig It. von Bayern, Verträge 
abgeschlossen worden, vermöge welchen derselbe als Präsident des norddeutschen Bundes die 
deutsche Kaiserkrone anzunehmen sich bereit erklärte. 
Der Reichstag des norddeutschen Bundes nahm den gewichtigen Titel: „Kaiser und 
Reich" in die Verfassung auf, und am 18. Jänner 1871 fand in dem Schlosse Versailles, in 
welchem der stolze König Ludwig XIV. in den Tagen seiner Uebermacht dem zersplitterten 
alten „heiligen römischen Reiche deutscher Nation" Gesetze vorgeschrieben hatte, die 
Proklamation des neuen deutschen Reiches statt. Am 7. März verließ Kaiser Wilhelm 
Versailles, um die Rückreise nach Deutschland anzutreten, und in Berlin als deutscher Kaiser 
seinen jubelvollen Einzug zu halten. 
Der entthronte Kaiser Napoleon, dessen Kriegsgefangenschaft auf dem Schlosse Wilhelms¬ 
höhe mit dem Friedensabschlusse ihr Ende erreicht hatte, verließ am 19. März 1871 Deutsch¬ 
land, um sich nach England zu begeben, wo er das Schloß Chiselhurst mit seiner Familie bezog, 
und am 6. Jänner 1873 starb. 
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