Volltext: Th. 1 [=A. Geschichte von Schärding], H. 2 (Th. 1, Heft 2, 1886)

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rorismus, weckte das verschwundene Vertrauen der Bürger zu einander, und belebte 
die Geselligkeit uud den gegenseitigen Verkehr wieder. Es erwachte auf's Neue 
ein patriotischer Geist, das Bewußtsein der Nothwendigkeit eines einigen, starken 
Oesterreichs; das verpönte Schwarz-gelb kam wieder zu Ehren. 
Am 2. Dezember 1848 geschah wider alle Erwartung das Ereignis, daß 
Kaiser Ferdinand in Anbetracht der außergewöhnlichen Zeit- und Staatsverhältnisse, 
des unverkennbare«, unabweisbaren Bedürfnisses nach einer großen, umfassenden 
Umgestaltung der Staatsreformen, und in der Ueberzeugung, daß es zur Ver¬ 
jüngung des Staates jüngerer Kräfte bedürfe, dem Throne entsagte. Da der Thron¬ 
folger/Bruder des Kaisers, Erzherzog Franz Earl, seinerseits auf die Nach¬ 
folge verzichtete, so bestieg des Letzteren älterer Sohn, der 18jährige Erzherzog 
Franz Joseph, den Kaiserthron, nnd wurde auch selben Tages feierlich als 
Kaiser von Oesterreich proklamirt. 
Wegierungszeit unter Knijev Ircrnz Joseph. 
Seit Kaiser Ferdinand II. hat wohl kein Monarch Oesterreichs die Re¬ 
gierung in einer so drangvollen, kritischen Zeit, unter so zerrütteten Verhältnissen 
angetreten, wie Franz Joseph. Die deutsche Nationalversammlung zu Frankfurt 
schmiedete die feindlichsten Waffen gegen Oesterreich; die Krämerpolitik Englands 
nährte überall hin die Glnt der Zwietracht, nnd die Nebellion, um selbe sin ihre 
Zwecke ansznbeuteu; Preußen verschmähte die Versuche uud die Intriguen nicht, 
um alle Zügel der Herrschaft über Deutschland an sich zu reißen. Italien war 
noch im Kriegszustand, Ungarn in voller Gährung und im Aufruhr, zu dessen 
Bewältigung die getreue k. k. Armee ein- und vorzurücken sich anschickte, deren Kraft 
jedoch, selbst nach der siegreichen Schlacht bei Kapolna, wie gelähmt war, und sich 
wieder zurückziehen mußte, während die Rebelten-Armee durch Zuzüge aus Polen, 
Deutschland, Frankreich, England it. dgl. sich massenhaft verstärkte; ja die Nevolntions- 
regiernng giug in ihrer Vermessenheit soweit, am 14. April 1849 die ungarische 
Republik auszurufen, und die Dynastie Habsburg-Lothringen des Thrones und der 
Krone des heiligen Stephan verlustig zu erklären. 
Doch alle diese Gefahren und Stürme, welche den Untergang Oesterreichs 
drohten, führte der jugendliche, durch Gabeu des Geistes und des Herzens aus¬ 
gezeichnete, durch eilt kräftiges Ministerium unterstützte, von der Liebe seiner Unter¬ 
thanen, und der unerschütterlichen Treue eines tapferen Heeres getragene Kaiser 
glücklich vorüber, und es begann eine neue Aera für das nettverjüngte Oesterreich: 
ja dieses Oesterreich, das man auf dem Siechenlager bereits verathmet wähnte, 
und welchem man, dem dahingefnukenen, allenthalben zerrissenen, den Grabgesang 
bringen zu müssen vermeinte, stand zum großen Aerger seiner Feinde, in kurzer 
Zeit wieder kräftig und ehrfurchtgebietend da; die Hand des Allmächtigen Wen 
sichtbar mit Oesterreich und dessen jugendlichen Kaiser zu sein!
	        
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