Volltext: Th. 1 [=A. Geschichte von Schärding], H. 2 (Th. 1, Heft 2, 1886)

des gemeinen Mannes zu vergiften, und mit demokratischen, commnnistischen Ideen 
zu erfüllen. Deutschland sollte eine Gesammt-Republik werden, und, um dieses 
möglich zu machen, sollte vorerst die österreichische Monarchie zertrümmert, deßhalb 
Polen, Ungarn, Italien, wo überall schon Separationsgelüste aufgetaucht waren, 
von dem Verbände der Monarchie losgerissen werden, auf daß die deutsch - öster¬ 
reichischen Provinzen desto leichter in Deutschland aufgehen konnten. Unter dein 
Vorwande deutscher Einheit und Freiheit wurde ans eigener Machtvollkommenheit 
des Volkes eine Nationalversammlung nach Frankfurt am Main zusammenberufen, 
um die Wahrung der gemeinsamen Rechte zu berathen und zu sichern. Auch von 
Oesterreich wurden Deputirte dahin geschickt. Vom Wahlbezirke Schärding, gebildet 
aus den drei Amtsbezirken Schärding, Obernberg und Vichtenstein, wurde der 
Dr. U. J. Carl Ladiuser, welcher ehemals als k. k. Advokat zu Schärding fuugirte, 
zu dem Parlamente kommittirt. Am 18. Mai begann die Sitzung des aus 550 
Abgeordneten bestehenden Parlamentes; das Schwarz-rvth-gold ward nun die Farbe 
an Fahnen, Bändern uud Cocardeu; das Schwarz-gelb ward verpönt und zur Spott¬ 
bezeichnung für die treuen und wahren Patrioten Oesterreichs?) 
Um selbe Zeit kamen die Straßen-Krawalle, die Katzen - Musiken an die 
Tagesordnung, als ein Exercitium der Zügellosigkeit und Leidenschaftlichkeit für 
das Gesindel; auch in Schärding blieb mau hierin nicht zurück; am 22. Juli ward 
ein solcher Specktakel von einem Haufen Pflegfeldler aufgeführt, doch mit einem 
Dutzend Stöcken und Bajounetten wieder zu Paaren getrieben. 
Laut der gegebenen Konstitution trat auch in Schärding die Wehrhaft- 
i) Statt mit Entschiedenheit auf die Seite der gefährdeten Monarchie zu treten, erklärte 
diese Frankfurter Versammlung: „daß sie ihre Machtvollkommenheit von der Souveränität der 
deutschen Nation erhalten habe", und hielt an dem Beschlusse des Vorparlaments fest, daß sie 
allein, ohne irgend welche Vereinbarung mit den Fürsten, die deutsche Verfassung zu machen 
habe, wodurch sie, da hiedurch das monarchische Prinzip, somit die gesammte bestehende Ordnung 
der Dinge in Deutschland in Frage gestellt war, zu den Regenten in ein gespanntes Verhältnis 
gerieth, und hiedurch ihre Wirksamkeit gelähmt wurde, sobald die Monarchen von Oesterreich und 
Preußen die Revolution in ihren Staaten bewältiget, und in Folge dessen auch die Regierungen 
in deu Mittel- und Klein-Staaten wieder eine größere Festigkeit erlangt hatten. 
In der constitutionelleu Mehrheit der Versammlung standen vom Anfange an zw e i 
Parteien einander gegenüber, die „preußisch-deutsche — auch klein-deutsche", welche 
Oesterreich ganz von Deutschland ausschließen, und dem Könige von Preußen die Kaiserkrone 
übertragen wollte, während die andere, die „groß-deutsche", die keine Verkleinerung Deutsch¬ 
lands durch den Ausschluß Oesterreichs wollte, die Gründung eines preußisch - deutscheu Kaiser¬ 
thums ebenso entschieden bekämpfte, als die republikanischen Bestrebungen der demokratischen Linken. 
Indessen einigten sich beide Parteien in dem Beschlusse, bis zur Neugestaltung der 
Verhältnisse Deutschlands durch die zu votireude Verfassung statt des unpopulären Bundestages 
eine provisorische Exekutivgewalt zu errichten, und wählten trotz des Widerspruches der demo¬ 
kratischen Minorität den volksbeliebtcu Erzherzog Johann, den jüngsten Bruder des Kaisers 
Franz I. unb Oheim des Kaiser Ferdinand I. von Oesterreich zum „Reichsverweser", welcher 
nach seinem Einzuge in Frankfurt am 11. Juni 1848 die bisher vom Bundestage geübte Ge¬ 
walt übernahm, und sich mit einem Reichsministerium umgab.
	        
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