Volltext: Th. 1 [=A. Geschichte von Schärding], H. 2 (Th. 1, Heft 2, 1886)

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Schrecken fast ohnmächtig in den Stuhl gesunken; die dienstthuenden Offiziere und 
Soldaten standen lautlos au den Wänden herum, unter ihnen der junge Lieutenant, 
dem der Marschall befahl, vorzutreten, und das Gesagte auf das genaueste zu 
übersetzen; der junge Mann gehorchte mit sichtbarem Widerstreben. 
Als dieser geendet hatte, sah der Marschall den Stöger noch einen Angen¬ 
blick durchdringend an; daun trat er näher vor ihm hin, und legte die Hand auf 
dessen Schulter, und hielt, als wenn er sich revanchiren wollte, eine Gegenrede an 
ihn hin. „Sie sind ein braver Mann", sagte er, „Sie haben Muth; ich liebe das, 
„und sehe es gerne, wenn man mir unumwunden seine Gedanken sagt. Zum Beweise 
„dafür, und zum Beweise, daß wir nur thun, was wir thun müssen, erlasse ich 
„der Stadt die Contribution. Von den Lebensmitteln liefern Sie die Hälfte. Ich 
„stelle Ihnen genügende Mannschaft zur Disposition; können Sie das in 24 Stunden 
„schaffen?" 
Diesen Ausgaug hatte Niemand erwartet; alle athmeten in einer angenehmen 
Empfindung auf. Der Marschall ging. 
Das Lieferungsgeschäft ging mit Beihilfe einiger Bürger ganz gut von 
Statten. 
Am 6. Tage, d. i. am 1. Mai, brach Marschall Massena mit seinen Truppen 
auf, und vorwärts gegen Linz; dagegen rückten immer wieder neue Truppentheile 
— unter Davon st — nach, und diese später ankommenden Gäste wnrden immer 
wilder und erbitterter, als die früheren; denn sie waren alle beutelustig, und doch 
fanden sie beinahe nichts mehr; darum ließen sie ihren Mismuth in Mißhandlungen 
an den Bewohnern aus; sie stießen mit den Bajonetten in die eingekeilte Menge, 
die nicht auszuweichen vermochte; alle Augenblicke knallte cut Schuß, und die Kugel 
fuhr sausend über die Köpfe, und schwere Steine schmetterten unter die Leute; daher 
Jammergeschrei, Wehklagen und weinendes Gebet jeden Wurf bezeichneten. 
Nicht minder waren die Bewohner in den längs der Heerstraße gelegenen 
Häusern und Ortschaften den Mishandlmigeu und Plünderungen der übermüthigen 
Krieger ausgesetzt; dazu kamen die vielen Vorspannen, Requisitionen nud Lieferungen, 
die mit uunachsichtlicher Strenge eingetrieben wurden; daher, weil nirgends mehr 
ein übriger Bund Heu oder Stroh oder ein Metzen Getreide vorhanden war, waren 
die aufgesaugten Unterthanen gewissenslosen Lieferanten preisgegeben, welche die 
Preise der nothwendigen Artikel entsetzlich verteuerten. An den Straßen, auf 
welchen die Armeen marfchirt waren, lagen todte Körper von Menschen und Pferden, 
welche die Luft verpesteten. 
Kaiser Napoleon war indessen mit feinen Divisionen von Braunau, wo 
er am 1. Mai eingetroffen war,') über Ried nach Wels gereifet, wo er die Nachricht 
i) Zu Braunau erließ Kaiser Napoleon einen Tagesbefehl, Datum 1. Mai, laut welchem 
ihm Schärding, Braunau und Burghausen in strategischer Hinsicht nur unbedeutende Plätze, 
Schärding nur ein Uuterstutzungspnnkt für Passau sei, und es sollten daselbst 6 Kanonen sein. 
Es darf kein Artillerie-Transport mehr nach Schärding, Braunau und Burghausen abgehen. 
Dr. Alexander Erhard's Geschichte der Stadt Passau. Seite 310, II. Theil.
	        
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