Full text: Polizei-Humoresken [35/36]

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alle Verantwortung ruhte, dem einlaufende Meldungen über⸗ 
geben wurden, der sofortige Verfügungen treffen, Zirkular—⸗ 
telegramme erlassen, dabei aber auch noch Parteien vornehmen, 
Anzeiger, Beschuldigte und Zeugen einvernehmen mußte. 
Aber obgleich es an diesem Tage wieder einmal ziemlich heiß 
herging, als ob sich alles verabredet hätte, nur dann zur 
Polizei zu kommen, wenn Dr. Ziegler im Dienste stand, 
arbeitete er ruhig weiter. 
„Nur schön eines nach dem andern!“ sagte er dem An—⸗ 
melder Wößner, wenn ihm dieser wieder eine neue Partei 
meldete, zog dabei umständlich sein dem Umfange und der 
Konstruktion nach einer Handgranate gleichendes Feuerzeug 
hervor und entzündete die Pfeife, die aber trotzdem längstens 
innerhalb der nächsten fünf Minuten wieder erloschen war. 
„Also, wie war das mit dem Stoffe?“ verhörte er den 
Mann weiter, der ihm wegen bedenklichen Ankaufes übergeben 
worden war, weil er einen Ballen Tuch von einem ihm angeblich 
Unbekannten tief unter dem wirklichen Werte gekauft hatte. 
„Kein Glück soll ich haben, Herr Doktor, wenn ich geahnt 
habe, daß ich es so tief unter dem Werte kaufe, daß es gestohlen 
gewesen sein könnte. Ich hätte den Kerl selbst beim Kragen 
genommen und Ihnen hergebracht!“ 
„Aber, aber, Pillichshofer! Sie sind doch schon zweimal 
wegen bedenklichen Ankaufes in Untersuchung gestanden und 
schon einmal deshalb vorbestraft!“ 
„Ich? Das muß ein Irrtum sein! Vielleicht der Artur 
Pillichsshofer. Das ist ein weitläufiger Verwandter von mir, 
ein Gauner, ein Betrüger! Aber ich? Ich bin ganz un— 
bescholten!“ 
„Nein! Das ist kein Irrtum. Nicht der Artur Pillichs— 
hofer, sondern Sie, der Theodor! Da habe ich ja Ihre Straf— 
karte vor mir liegen!“ 
„Doch ist es ein Irrtum. Ich wett' mit Ihnen, Herr 
Doktor, daß es ein Irrtum ist. Nein, ich wette nicht, ich 
schwöre es, schwöre es beim Leben und bei der Gesundheit 
meiner Frau!“ 
Ein andrer wäre wütend geworden, hätte geschimpft, 
geschrien, getobt. Nicht so aber der Seelenruhige, Nervenlose. 
„Das ist sehr schön von Ihnen, daß Sie beim Leben Ihrer 
Frau das beeiden wollen. Hier habe ich nämlich auch Ihren 
Meldezettel liegen, aus dem hervorgeht, daß Ihre Frau schon 
vor zwei Jahren gestorben ist. Da schauen Sie, Pillichshofer, 
gestehen Sie ruhig ein, ich komme ja doch darauf... .“ 
Bevor aber der Hehler es noch überlegen konnte, ob die 
Ablegung eines Geständnisses oder das Beharren bei weiterem 
Teugnen für ihn zweckmäßiger wäre, entstand draußen auf dem 
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