Volltext: Polizei-Humoresken [35/36]

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fordern, wurde die unversperrte Tür ganz einfach geöffnet, und 
im Zimmer erschien eine polizeiliche Kommission, die aus einem 
Beamten, einem Polizeiagenten und, einem Wachmanne bestand. 
Unsanft wurde der Schlafende geweckt. Was die Leute bei ihm 
wollten, war ihm vollständig unklar. Er sah nur einen 
uniformierten Beamten und einen Wachmann vor sich. 
Die einzige Beziehung, die er bisher zu Wachleuten gehabt 
hatte, war doch die, daß er sie, wenn er den Heimweg nicht hatte 
finden können, nach seiner Wohnung gefragt hatte. Deshalb 
sprang er jetzt im Nachtgewande, wie er war, aus dem Bette 
heraus, stellte sich vor dem Wachmann in Positur, salutierte 
gewohnheitsmäßig und brachte nur das eine Wort hervor: 
„Schliekas!“ Möglicherweise wollte er damit angeben, daß er 
sich hier in seiner Wohnung in der Schlickgasse befinde. Man 
versuchte alles mögliche, um ihm die Ursache des Erscheinens 
der polizeilichen Kommission begreiflich zu machen und ihm 
durch Zeichen zu erklären, daß der auf dem Gange stehende 
Mann, der dann schließlich ebenfalls hereingerufen wurde, gegen 
ihn die Anzeige erstattet habe, er hätte seinem Gaste, während 
dieser schlief, die goldene Uhr und Kette gestohlen. Meister 
Demare verstand von alledem nichts und ahnte gar nicht, 
welchen Verbrechens er da beschuldigt werde. Schließlich 
salutierte er wieder mit seiner unnachahmlichen Gebärde, 
murmelte wieder „Schliekas“, und dann kroch er wieder in das 
Bett, um sich den im Laufe der Nacht angesammelten Alkohol— 
nebel endgültig auszuschlafen. Mit ihm, dem noch immer etwas 
Beduselten, war nichts anzufangen. Das sahen die Vertreter 
der Polizei ein, und deshalb entschlossen sie sich, den Mann 
vorläufig ruhig weiterschlafen zu lassen und eine Hausdurch— 
suchung vorzunehmen. Da stürzte plötzlich der Anzeiger gegen 
einen Stuhl, über welchem eine weiße Pikeeweste ausgebreitet 
war. „Da ist meine Uhr!“ rief er aus und zog dabei eine Uhr 
aus der Tasche der Weste hervor und damit auch eine goldene 
Kette, welche durch das Knopfloch dieser Pikeeweste durchgezogen 
war. Aber nur einen Augenblick schwelgte er im Genusse der 
wiedererworbenen Uhr. Dann wurde er kleinlauter, schaute 
in den übrigen Westentaschen nach und schließlich in den Taschen 
der Weste, die er anhatte und die ebenfalls aus Pikee hergestellt 
war. „Ich hab' mich geirrt, Herr Kommissär!“ sagte er dann 
zu dem Beamten. „Es liegt kein Diebstahl vor, sondern nur 
eine Verwechslung der beiden Westen, die — wie Sie sehen — 
heide aus weißem Pikee sind. Der Herr da hat mir nichts 
gestohlen, sondern in der Eile des Weggehens habe ich sein 
Gilet statt des meinen angezogen!“ Die Diebstahlsangelegenheit 
hatte sich in Wohlgefallen aufgelöst. „Natürlich, so a b'soffene 
G'schicht.!“ brummte der Polizeiagent Schwappinger, als er
	        
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