Volltext: Polizei-Humoresken [35/36]

Das Abenteuer eines Franzosen. 
Es wird wohl noch einige Leute geben, die sich des kleinen 
lustigen Franzosen Demare erinnern werden, jenes amüsanten 
Pariser Karikaturenzeichners, der eines Tages von der Seine 
an die Donau übersiedelte, und hier manches mit seinem 
Schelmenstifte festhielt, so wie es sein Künstlerauge sah. Jahr— 
zehnte sind mittlerweile dahingegangen. Wer weiß, was aus 
dem Karikaturisten Demare geworden sein mag. Außer seinen 
köstlichen, von Humor sprühenden Zeichnungen hat der talent— 
volle Pariser Künstler hier aber auch ein polizeiliches Andenken 
hinterlassen, in einem alten Aktenstücke verzeichnet, welches 
sich im Archiv des Kommissariats Alsergrund befindet. 
Monsieur Demare war nicht nur nach Wien gekommen, um 
hier zu arbeiten, sondern er wollte auch Wiener Leben genießen, 
welches damals wirklich noch wienerisches Leben gewesen ist. 
Er genoß es auch in vollen Zügen, nur von der einen Schwierig— 
keit behindert, daß er bein Wort Deutsch verstand, und es nie 
dazu brachte, auch nurBrocken unsrer Sprache zu erlernen. Es 
ging noch an, wenn er Freunde mithatte, die ihm als Dolmetsche 
dienten, aber meist ging er allein, und da kam es zu den 
komischesten Szenen, wenn er es versuchte, sich mit den Leuten 
zu verständigen. Im Gasthause bestellte er sich mit Vorliebe 
ein „Rehngoulah“, wie er das „Rindsgulasch“ aussprach, oder 
ein „Quagoulah“, wie er das „Kalbsgulasch“‘“ nannte. Aus 
dem Essen machte sich Meister Demare weniger als aus dem 
Trinken. Unsre Biere wie unsre Weine hatten es ihm angetan, 
und da kam es öfter, oder sagen wir vielmehr gewöhnlich vor, 
daß Demare den Heimweg zu seiner Wohnung nicht mehr 
wußte, die sich in der Schlickgasse im neunten Bezirke befand. 
Mit einer unnachahmlichen Handbewegung versuchte er dann, 
den Salutiergruß des Wachmannes nachzumachen, wenn er sich 
einem solchen uniformierten Hüter der öffentlichen Ordnung 
näherte und an diesen das einzige Wort richtete: „Schliekas“. 
Die wenigsten Wachleute verstanden, daß er damit nach der 
Schlickgasse sich erkundigen wollte, und denjenigen, welche sich 
dies noch mit viel kriminalistischer Logik kombinieren konnten, 
war das Bemühen mit der Erklärung des Heimweges ein voll⸗ 
kommen vergebliches, denn der lustige Franzose verstand es 
nicht und empfahl sich wieder mit der ihm eigenen Gebärde
	        
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