Full text: Polizei-Humoresken [35/36]

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Die dienstliche Nase hätte er noch verschmerzt, nicht aber die 
häusliche Auseinandersetzung, die dann folgte, als seine Gattin 
in den Abendblättern die Berichte über das Verbrechen in der 
Stumpergasse las, über den aufsehenerregenden Mord, der nach 
der. Angabe ihres Mannes eigentlich ein Selbstmord sein s ollte. 
Wohl versuchte der der ehelichen Untreue Ueberführte noch die 
Täuschung aufrechtzuerhalten, indem er vorgab, daß er nur, 
um auch seiner Frau gegenüber das strenge Amtsg eheimnis 
zu wahren, von einem Selbstmord gesprochen habe, obwohl es 
ym klar gewesen sei, daß ein Mord vorliege. Aber das verfing 
nun nicht mehr. Das Vertrauen zu ihm war geschwunden, und 
der Mord in der Stumpergasse, bei dessen Tatbestandsaufnahme 
der Beamte gewesen sein sollte, während er sich irgendwo mit 
Freunden, vielleicht auch mit Freundinnen unterhalten hatte, 
war der letzte Schritt vom Ehewege, den Dr. Simandl machen 
sonnte. Seither war er viel weniger geplagt im Dienste, konnte 
oder mußte er vielmehr die Nächte zu Hause verbringen. Und 
seither läutete das Telephon auch viel seltener als vordem. 
Nach einiger Zeit versuchte der Unverbesserliche wohl wieder 
dienstliche Ausflüchte vorzuschützen, wenn Junggesellenblut in 
seinen Adern tobte, aber es half ihm alles nichts, denn er 
wurde von seiner eifersüchtigen Gattin nicht mehr allein 
gelassen. Sie begleitete ihn überallhin, selbst wenn er wirklich 
Anmal zu einer Amtshandlung berufen wurde, und dieses stete 
Begleiten hat ihr in den Kreisen der Kollegen des Beamten 
pie auch der übrigen Amtsorgane den Spitznamen Frau 
Kommiffär“ eingetragen, der ihr geblieben ist, bis Doktor 
Simandl schließlich aufgefordert wurde, um seine Pensionierung 
anzusuchen, da es nicht länger angehe, überall, wo er dienstlich 
zu tun habe, auch seinen Schatten, die „Frau Kommissär“, zu 
fehen, welche dadurch nicht nur selbst eine lächerliche Figur 
geworden war, sondern auch ihn lächerlich gemacht hatte. 
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