Volltext: Abbildung der inn- und ausländischen Bäume, Stauden und Sträuche. Zweyter Band. (2 / 1792)

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miger Gestalt an den Enden der zarten Zweigchen. Sie haben einen bleibenden Kelch von 4 
eyrunden gerade stehenden Blaͤttlein, welche fast das Ansehen, und Farbe haben wie die Blumen. 
Die Blumenkrone hat ein einziges aufgeblasenes ungleiches Blumenblatt das gerade stehet, und 
sher die Mitte in 4 Stuͤcke gespalten ist. In den Blumen befinden sich 8 haarige Staubfäden, 
die auf dem Saamenbehaͤltniß stehen, und sich mit zweyspaltig, zweyhoͤrnigen, schwarzroͤthlichten 
Koͤlbchen endigen, dann ein Griffel der laͤnger als die Blumenkrone, und die Narbe kopffoͤrmig ist. 
Im Juny und July brechen die Blumen hervr. 
Dessen Fruͤchtlein sind runde Kapseln mit 4 Faͤchern, welche, wenn sie im Herbst reif wer— 
den, eine dunkel purpurrothe Farbe bekommen, und mit kleinen rothbraunen Saamen angefuͤllet 
sind. 
Der Wachsthum ist verschieden, wird beylaͤufig gegen 2 Schuh hoch, und hat oft 5 bis 8 
Jahre beduͤrftig, durch die Kultur aber an Groͤße gewinnt. — 
Man kann dieses Straͤuchchen aus den Saamen ziehen, da dieses aber eine muͤhesame Arbeit 
ist, so ist es am besten, wenn man diese Pflanzen an den Orten wo sie wild wachsen, mit einen 
Knollen Erde an ihren Wurzeln aushebet, und in die Gaͤrten setzet, welches im Herbst geschehen 
muß. Der Boden, in den man sie setzet, darf nicht gedungt seyn. Sie brauchen auch keine andere 
Wartung, als daß man sie vom Unkraut reiniget; denn je weniger der Boden umgegraben wird, 
desto besser werden sie wachsen. Sie treiben ihre Wurzeln insgemein ganz oben an der Oberflaͤche 
des Erdbodens, die gar leicht, wenn solcher umgegraben wuͤrde, koͤnnten beschaͤdiget werden, wo— 
durch die Pflanzen oͤfters zu Grunde gehen. 
So gemein als dieses Straͤuchchen ist, so verdienet es doch einen Platz in den kleinen Quar— 
tieren sorirender Stauden der Gaͤrten, wo selbe wegen ihrer schoͤnen, und lange dauernden Bluͤ⸗ 
the eine angenehme Abwechslung machet, und bestaͤndig bleibhte. 
Einige Aerzte haben diese Pflanze wegen ihrer trocknenden, und gelinde anziehenden Kraͤfte in 
der Arzueykunst empfohlen. Man braucht davon die Blumen. Das aus denselben destilirte 
Wasser vertreibet die Roͤthe der Augen, und lindert die Schmerzen darinnen. Man giebt es auch mit 
guter Wirkung denen, die an der Kolik leiden. Daß die Blumen in Wasser und Wein gesotten, 
— Blasenstein zermalmen, behaupten fast alle 
Authores, Es hat Rondoletius ein Oel aus den Blumen gemacht, und dadurch die garstigen War⸗ 
zen und Flechten im Gesichte vertrieben. Wegen ihres scharfen, fluͤchtigen Salzes hat es eine aus⸗ 
rocknende Kraft. Man braucht es darum bey den Podagricis, und Gelaͤhmten zu Baͤder. 
Daß die Bienen von den Heideblumen reiche Erndten haben, ist bekannt. Die Alten aber sagen 
fast ale, daß, das Heidhonig nicht eben das beste, weil es roth, und einen Syrup aͤhnlich ist, 
denen aber die Neuern widersprechen, und glauben es sey das beste Honig, was die Bienen aus 
der Heide saugen. 
Obwohlen sie von den Ackersleuthen sehr verhast ist, so treflich dienet sie in der Oekono— 
mie doch zur Bienenzucht. Von den Ruthen oder Reisern macht man die kleinen Kehrbesen, die 
man auch den Seidenwuͤrmern giebt, wann sie sich einspinnen wollen. Die Bergschotten machen 
sich ihre Streu von Fahrenkraut und Heide, sie kehren die Wurzel unterwerts, und das Gestraͤu⸗ 
che oben, auf so geschickte Art, daß es weicher als ein Federbett, und dabey weit gesunder ist, 
denn die Heide hat ihre Kraft auszutrocknen, und ziehet ihnen die unnuͤtzen Feuchtigkeiten ab, giebt 
hingegen den von der Last befreyeten Nerven ihre vorige Kraft, daß sie des Morgens fruͤh und 
munter aufsteben. In' grossen Heidewaͤldern sticht man die Erde aus, in Form der Backsteine, 
welche man aufgetroknet den Torf nennet, indem man noch siehet, wie die Wurzel ineinander gefaͤl⸗ 
zet ist; gibt eine schneeweiße Asche, die sehr locker und fluͤchtig ist. Besonders wird dieser Torf 
in Hamburg gebrennet.
	        
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