Volltext: Aus der Vergangenheit der Pfarre Putzleinsdorf im Mühlviertel

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wahrscheinliche Vermutungen aufstellen. 
Sie erfolgte im 12. oder 11. oder früh- 
hestens im 10. Jahrhundert, in denen 
überhaupt das Gebiet zwischen Ranna 
und Kleiner Mühel, das bis dahin im 
großen und ganzen noch ein Waldland 
war, besiedelt wurde. Durchgeführt ha¬ 
ben die Urbarmachung des südlichen 
Teiles dieses Landstrichs nicht wie man 
früher gerne annahm, die Bischöfe von 
Passau, sondern hochfreie Adelsgeschlech- 
ter, besonders das der Falkensteiner (vgl. 
Aelteste Geschichte des oberen Mühlvier¬ 
tels von Gottfried Vielhaber in den 
Mühlviertler Nachrichten 1908). Später 
allerdings beteiligten sich daran auch pas- 
säuische Ministerialen Geschlechter (Dienst- 
mannen), z. B. die Haichenbacher, Mars- 
bacher und Tannberger. Putzleinsdorf 
ist zweifelsohne eine Gründung der Fal¬ 
kensteiner. Dafür spricht zunächst die ge¬ 
schichtliche Tatsache, daß die Herrschaft 
Falkenstein immer die Schutzherrschaft 
(Vogtei) und hohe Gerichtsbarkeit über 
Putzleinsdorf ausübte. Dieser Beweis- 
grund verdient umsomehr Beachtung, 
als der Ort Putzleinsdorf selbst bis 1570 
und das gleichnamige Urbaramt 1) (die 
Dörfer Hamerstorf, Mairhof, Glotzing, 
Pernerstorf, Egnerstorf, Mennerstorf, 
Moos, Atzgerstorf und Taglesbach) so¬ 
gar bis 1803 unter der Grundherrschaft 
des Frauenklosters Niedernburg in Pas- 
sau standen und dieses Nonnenstift dem 
Bistum Passau einverleibt war. Wäre 
die Gründung Putzleinsdorfs durch ein 
passauisches Ministerialengeschlecht er¬ 
folgt, so hätten die Bischöfe gewiß auch, 
wenigstens seit 1217, die hohe Gerichts¬ 
barkeit darüber ausgeübt. Denn in die¬ 
sem Jahre erhielt der passauische Kir¬ 
chenfürst die Grafschaftsrechte und damit 
auch die hohe Gerichtsbarkeit über seine 
Untertanen im ganzen Ilzgau, der von 
der Ilz bis zur Großen Mühel reichte. 
Es haben sich auch die Bischöfe im 13. 
Jahrhundert eifrig bemüht, ihre Herr¬ 
schaft gerade zwischen Ranna und Mühel 
auszudehnen, um so auch ihre Gerichts¬ 
hoheit zu erweitern. Trotzdem gelang 
ihnen das bei Putzleinsdarf nicht, ob¬ 
wohl das von ihnen abhängige Non- 
nenstift Niedernburg die Grundherrschaft 
über den Ort ausübte. Wenn man dieses 
eifrige, aber vergebliche Bestreben der 
Bischöfe nach Erweiterung ihrer Gerichts¬ 
hoheit erwägt, erscheint jedenfalls die 
Annahme ausgeschlossen, daß sie selbst 
------- 
1) Der Ausdruck Urbar, gesprochen Urfer ist noch 
erhalten in dem Worte Urferstühle, den Kirchenstühlen 
hinter der Kanzel. 
 
den Falkensteinern das Gericht über 
Putzleinsdorf übertragen, die Grundherr- 
schaft aber sich oder dem Frauenkloster 
Niedernburg vorbehalten hätten. Viel 
wahrscheinlicher ist das Umgekehrte: Die 
Falkensteiner waren vom Anfange an 
im Besitze sowohl der Grundherrschaft 
als auch der Gerichtshoheit über Putz¬ 
leinsdorf, überließen aber den Bischöfen 
die Grundherrschaft (und diese übertru¬ 
gen sie wieder dem Nonnenstift), behiel¬ 
ten sich jedoch die Vogtei und damit die 
Gerichtshoheit über den Ort und das 
Urbaramt vor. Aber von wem hat¬ 
ten die Falkensteiner die Gerichtshoheit 
erhalten? Ohne Zweifel vom deutschen 
Könige selbst, und zwar zugleich mit der 
Bewilligung der Rodung. Also müssen 
wir Putzleinsdorf als eine Gründung 
des hochfreien Geschlechts der Falken¬ 
steiner betrachten. 
Bekräftigt wird übrigens diese An¬ 
nahme noch durch die Lage des Ortes 
am Rande des zusammenhängenden Ge¬ 
bietes dieser Herrschaft. Es umfaßte den 
Landstrich östlich von der unteren Ranna 
bis zu einer Linie von der Klingmühle 
zwischen Hofkirchen und Emmerstorf hin¬ 
durch und östlich von Pfarrkirchen zum 
Pfarrwald, diesen entlang bis gegen 
Erdmannstorf, Gretenbach und Oberkap¬ 
pel, das auch noch falkensteinisch war. 
Außer diesem zusammenhängenden Ge¬ 
biete gehörten zum Falkenstein erbesitze 
noch kleinere um Ameisedt und Vaters¬ 
reut, um Kollerschlag und Kraml und 
viele zerstreute Güter zwischen Ranna 
und Kleiner Mühel, ja selbst noch östlich 
von diesem Flusse, und die zwei großen 
Siedlungen Rohrbach und Wildenranna. 
Ob die nicht zum Urbaramt ge¬ 
hörigen Ortschaften der Pfarre Putz¬ 
leinsdorf auch von den Falkensteinern 
gegründet wurden und später an andere 
Herrschaften übergingen oder ihre Grün¬ 
dung schon anderen Geschlechtern ver¬ 
dankten, das läßt sich noch nicht ent¬ 
scheiden. 
Urkundlich wird Putzleinsdorf nach 
den bisherigen Forschungsergebnissen im 
Jahre 1236 das erstemal erwähnt. Bi¬ 
schof Rüdeger von Passau wies damals 
dem Frauenkloster Niedernburg in Pas- 
sau neben anderen Einkünften auch die 
12 Schillinge (1 Schilling = 1/8 Gul- 
den oder 30 Kreuzer) zu, die ihm von 
„puczlinstorf" für das Burgrecht ge¬ 
zahlt wurden. Abgedruckt wurde diese 
Urkunde zuerst in den Monumenta boica 
XXIX. II. 286 und seitdem wiederholt 
auch in anderen Werken. Aber ihre Echt-
	        
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