Volltext: Aus der Vergangenheit der Pfarre Putzleinsdorf im Mühlviertel

und Hafer kann man die Fuhr über den 
Leitern des Wagens mit einigen Stö¬ 
ßen ableeren. — Schätzenswert, wenn 
auch nicht so wichtig sind endlich die 
sogenannten „Pollndörren". Polln hei¬ 
ßen die Fruchtkapseln des Flachses. Sie 
werden, wenn sie abgeriffelt sind, so¬ 
lange der Sonne ausgesetzt, bis sie auf¬ 
springen und der Leinsame (Linsat) her¬ 
ausfällt. Früher breitete man zu diesem 
Behufe auf einem Anger (meist vor dem 
Stadel) Stroh und brachte die Polln in 
Leinenplachen an sonnigen Morgen da¬ 
hin; abends muhte man sie jedesmal 
wieder ins Haus zurücktragen. Bei den 
neueren Bauten aber hat man einen 
gegen Süden gerichteten Teil des Da¬ 
ches (meist über der Stallung) in Schar¬ 
nieren beweglich gemacht, so daß er auf¬ 
geklappt werden und die Sonne unge¬ 
hindert auf den darunter befindlichen 
Dachboden scheinen kann. Dahin bringt 
man jetzt die Polln. Sie können auch 
über Nacht oder bei Regen dort liegen 
bleiben, man klappt einfach vorher die 
Dachflügel zu. 
Als sehr wohltätig, wenn auch nicht 
für die Landwirtschaft allein gegründet, 
erwies sich auch für diese die August 
1889 eingeführte Raiffeisenkasse. 
Aber trotz all dieser Förderungen 
war doch die Lage des Bauernstandes 
vor dem Weltkriege nichts weniger als 
rosig. Den deutlichsten Beweis dafür 
lieferten die auch in unserer Pfarrei 
begonnene Güterschlächterei und der häu¬ 
fige Grund- und Hausverkauf, beson¬ 
ders im Markte. Während 1790 noch 
bei jedem Bürgerhause wenigstens 
4 Joch Grund waren, außer dem Gar¬ 
ten, sind heute ungefähr die Hälfte auf 
bedeutend weniger, sechs auf den Haus- 
garten oder sogar das bloße Haus be¬ 
schränkt. 
Die jüngste landwirtschaftliche Neue¬ 
rung innerhalb der Pfarrei ist die 
Grundzusammenlegung in der Steuer- 
gemeinde Putzleinsdorf nach dem Ge¬ 
setze vom Jahre 1883, wornach sie in 
einer Gemeinde durchgeführt werden 
muß, wenn sich wenigstens die Hälfte 
der Besitzer dafür erklärt. Es mag auf¬ 
fallen, daß gerade Putzleinsdorf zuerst 
im oberen Mühlviertel diese Förderung 
erhielt. Zur Erklärung sei folgendes be¬ 
merkt: Der Verfasser des erwähnten Ge¬ 
setzes, Sektionschef im Ackerbauministe- 
rium Karl Peyrer, Ritter von Heim- 
stätt, war ein gebürtiger Putzleinsdorfer 
und sicherte seiner Heimatgemeinde die 
Begünstigung, daß die Grundzusammen- 
 
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legung in ihr, falls sie beschlossen würde, 
auf Staatskosten durchzuführen sei. Nur 
die nötigen Hilfskräfte sollte die Ge¬ 
meinde selbst stellen. Am das Zustande¬ 
kommen des notwendigen Beschlusses hat 
sich jedenfalls Dechant Rorbert Han- 
rieder am eifrigsten bemüht. Er hatte 
dabei viele Vorurteile zu überwinden, 
aber schließlich erreichte er doch die ge¬ 
forderte Anzahl der Unterschriften. Die 
tatsächliche Durchführung freilich erlebte 
er nicht mehr. Sie erfolgte erst nach dem 
Weltkrieg (1919/21) durch die Agrarkom- 
mission Gmunden. Wie begreiflich fand 
sie anfänglich durchaus nicht ungeteilten 
Beifall, aber heute dürfte es wohl nur 
mehr wenige geben, die sie wieder rück¬ 
gängig machen möchten. Mit der eigent¬ 
lichen Kommassation war auch die Auf¬ 
lassung einiger alter Wirtschaftswege 
und die Anlegung neuer verbunden. Im 
äußeren Landschaftsbilde der Marktum¬ 
gebung fallen wohl am meisten die Ver¬ 
legung der Fahrtwege nach Bründl (da¬ 
mit war auch die Umsetzung der ersten 
11 Kreuzwegstationen verbunden) und 
nach Streinesberg auf. 
 
Verkehrswesen. 
 
Wohl auf keinem anderen Gebiete 
war das obere Mühlviertel bis in die 
jüngste Zeit so rückständig und vernach¬ 
lässigt wie im Verkehrsleben. Dechant 
Hanrieder hat es darum gern ebenso 
bezeichnend als wahr, den Stiefkinder¬ 
winkel des Landes genannt. Ordentliche 
Straßen gab es bis ins letzte Viertel des 
vorigen Jahrhunderts außer der Reichs- 
straße Neufelden—Rohrbach—Aigen gar 
nicht, sondern nur elende Fahrwege von 
einer Siedlung zur andern, die meist die 
kürzeste Verbindung darstellten und dar¬ 
um bei Neufelden—Rohrbach—Aigen bergigen Bodengestalt der 
buckligen Welt wacker bergauf und tal- 
ab führten. Wehe, wenn man unter 
solchen Verhältnissen eine weitere Fahrt 
zu machen hatte!  Dieses traurige Los 
teilte auch Putzleinsdorf und seine Um- 
gebung. Man denke nur an eine Fahrt 
zur alten Herrschaft Altenhof über 
Schrattendoppl—Pfarrkirchen oder gar 
nach Niederranna im Dienste der Herr¬ 
schaft oder an die Erreichung der Do¬ 
nau in Obermühl über Raiden, Amer- 
storf und Haar! Kaum weniger be¬ 
dauernswert waren Zugtiere und deren 
Begleitung dann, wenn es galt, über 
Sarleinsbach nach Rohrbach oder über 
Feichten. Haba, Kleemühle, Hörhag und 
Altenfelden nach Neufelden zu kommen. 
Wer immer diese alten Marterwege heu-
	        
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