Volltext: Aus der Vergangenheit der Pfarre Putzleinsdorf im Mühlviertel

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II. Abschnitt. 
 
Putzleinsdorf nach 1790. 
 
1. Kapitel. 
 
Verwaltung, Rechtspflege — Lasten. 
 
Bis um die Mitte des 18. Jahr¬ 
hunderts kümmerte sich der Staat um 
Verwaltung und Art der Steuereinhe-- 
bung sowie um die Rechtspflege in den 
Märkten und auf dem flachen Lande 
recht wenig. All das war Sache der 
Marktgerichte und Grundherrschaften. 
Eine Aenderung brachte erst die Re¬ 
formtätigkeit der Kaiserin Maria The¬ 
resia und es muß darum einiges aus 
der allgemeinen inneren Landesgeschichte 
der Folgezeit eingefügt werden. 
Für die Verwaltung im engeren 
Sinne war zunächst höchst bedeutungs¬ 
voll die Einführung von Mittelbehör-- 
den zwischen der Landesregierung, nun 
Gubernium genannt, und den Grund- 
Herrschaften. Es waren das die Kreis- 
ämter, deren es in Oberösterreich zuerst 
drei, seit der Angliederung des Innvier¬ 
tels (1779) vier gab. Sitz des Kreis¬ 
amtes für das Mühlviertel war an¬ 
fänglich Freistadt, seit 1794 Linz. Die 
Kreisämter nahmen den Grundherrschaf¬ 
ten einen Teil ihrer bisherigen Gewalt 
und Tätigkeit ganz ab, so die Handha¬ 
bung der Landpolizei, des Sanitäts- 
(Gesundheits-) und Verkehrswesens, im 
übrigen übten sie ein Aufsichtsrecht über 
jene aus. Die Anordnungen der Kreis¬ 
ämter hießen in der ersten Zeit Zirku¬ 
lare, auch das Marktarchiv von Putz- 
leinsdorf birgt deren eine hübsche Zahl 
über die verschiedensten Gegenstände, 
woraus die hohe Bedeutung der neuen 
Zwischenbehörden ersichtlich ist. Durch 
sie wurde seiner auch das Strafrecht 
der Grundherrschaften beschränkt. Die 
Kreisämter erhielten allgemein den Auf¬ 
trag, die Bauern gegen Uebergriffe der 
Gutsherren zu schützen. Wenn die herr¬ 
schaftliche Obrigkeit seitdem über einen 
Untertanen eine Zuchthausstrafe verhän¬ 
gen wollte, mußte sie zuerst das Ar¬ 
teil vom Kreisamt bestätigen lassen. 
Im Übrigen oblag die niedere Ge¬ 
richtsbarkeit auch weiterhin den Markt- 
gerichten und Pfleggerichten der Grund¬ 
herrschaften, und zwar sowohl die Zi¬ 
vil- als auch die Strafgerichtsbarteit. 
Im Jahre 1769 erschien als Norm für 
die Strafrechtspflege ein einheitliches 
Gesetzbuch für die Alpen- und Sude¬ 
tenländer, die Theresianische peinliche 
Halsgerichtsordnung. 1776 wurde die 
Folter als Beweismittel abgeschafft. Jo- 
sef II. schrieb den Pfleg- und Markt- 
gerichten die Anstellung eines juridisch 
gebildeten Richters vor, eines sogenann¬ 
ten Syndikus, der vom Appelationsge- 
richt (Berufungsgericht) in Wien als 
tauglich anerkannt werden mußte. Aber 
die Bezahlung eines solchen rechtskun¬ 
digen Richters verursachte den Märkten 
eine so grosse Auslage, daß sich viele 
dazu für unfähig erklärten, so auch Putz- 
leinsdorf im Oahre 1787. Dagegen schlu¬ 
gen Richter und Rat vor, es sollten die 
vier benachbarten Märkte Sarleinsbach, 
Putzteinsdorf, Lembach und Hofkirchen 
gemeinsam einen Syndikus anstellen und 
besolden. Die Herrschaft Altenhof war 
damit einverstanden, wenn der aller¬ 
höchste Hof den Vorschlag genehmige 
und den eigenen herrschaftlichen Rechten 
kein Abbruch geschehe. Aber zur Aus¬ 
führung kam es nicht, sondern es be¬ 
stand zunächst noch das alte Marktge¬ 
richt fort und nach 1805, als Neufel- 
den endlich einen geprüften Syndikus 
erhalten hatte, versah dieser in gewis¬ 
sen Zeitabständen das Richteramt auch 
in Putzleinsdorf. In den Marktrechnun¬ 
gen der folgenden Jahre steht unter 
den Ausgabsposten auch eine „Bestal¬ 
lung für den Syndikus von Neufelden“, 
anfänglich 20 fl. Der Verlust des selbst¬ 
ständigen Gerichts hatte eine weitere 
böse Folge. Solche Märkte mußten nun 
viele Dinge, die sie früher selbst gere¬ 
gelt und entschieden hatten, dem Herr- 
schäflichen Amte überlassen. Auch in 
der Vermögensverwaltung waren sie jetzt 
viel mehr als früher der Beaufsichtigung 
durch die Herrschaft oder den fremden 
Syndikus unterstellt. „Dadurch wurde 
das Interesse und die Teilnahme der 
Bürger an ihren eigenen Angelegenhei¬ 
ten geschwächt, sie gewöhnten sich an 
die Bevormundung durch (auswärtige) 
Beamte.“ (Franz Martin Mayer, Gesch.
	        
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