Volltext: Aus der Vergangenheit der Pfarre Putzleinsdorf im Mühlviertel

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Diese Bitte befürwortete der De¬ 
chant rückhaltlos folgendermaßen: Die 
Einrichtung, daß die Predigt unterm 
Amte, die Frühlehre unter der Messe 
sein solle, fand jederzeit allgemeine 
Schwierigkeit und erschwert dem armen, 
von der Kirche weit entlegenen Land¬ 
volk die Gottesdienstbeiwohnung. Die 
Folge davon ist nach der vielfältigen 
Erfahrung, daß man erst nach der Pre¬ 
digt in die Kirche kommt und sohin 
weder Gottes Wort noch ganze Messen 
hört. Es wird in seiner Diözese der Erb¬ 
lande darauf gedrungen, weil man keinen 
Nutzen davon erfährt. 
Sechstens. daß das heil. Dreikö¬ 
nigwasser dürfte geweiht werden. 
Dazu der Dechant: Die dem Rö- 
mischen Rituale angehängte Dreikön g- 
wasserweihe ist ausgemacht superstiziös 
(abergläubisch); wäre also keine andere 
Wasserweihe zu erlauben, als die im 
Diözesanritual enthalten ist. 
Siebtens, daß in der Filialkirche 
Bründl noch Messen gelesen und die er¬ 
laubten Bittgänge dahin gepflogen wer¬ 
den dürfen. 
Des Dechants Bemerkung lautet: 
Das Feld um die Kirche (in) Bründl 
gehört nach Putzleinsdorf, folglich kann 
ihnen nicht verwehrt werden, mit einem 
der erlaubten Bittgänge dahin zu zie¬ 
hen. Der Pfarrvikar hat keine Kon- 
grua (staatliches Einkommen) und Ab¬ 
gang an Stipendien, beziehet aber von 
dieser Kirche jährlich 30 fl. — Bade¬ 
gäste, weltliche und geistliche, sind im 
ganzen Sommer da. Der Unterzeich¬ 
nete bittet also, daß in dieser Kirche 
das Messelesen noch ferners erlaubt wer¬ 
den möchte. 
Zum Schlusse fügte der Dechant 
noch folgende treffende Bemerkung bei: 
Die Schrift der Putzleinsdorfer legt 
übrigens die Besorgnisse dieser Pfarr- 
gemeinde in Betreff der Orthodoxie 
(Rechtglaubigkeit) an den Tag. Bei die¬ 
sen Zeitläuften, wo man aus dem Glau¬ 
ben ein Spielwerk (Spielzeug) machte, 
ist das Volk auf alles äußerst auf¬ 
merksam und (den) Seelsorgern tut es 
wehe, sehen zu müssen, daß ein Volk, 
welches sich in allem so ruhig beträgt, 
wegen der Religion unruhig werde. Ihre 
mündliche Aeußerung war: Entweder 
hat uns die alte Geistlichkeit betrogen 
oder es will uns die neue betrügen. 
Der Erfolg der Beschwerden war 
gering. Nur die Bitte wegen Bründl 
fand teilweise Beachtung, aber auch nur 
wegen der Badegäste. Derenthalber 
wurde das Messelesen auch weiterhin 
gestattet, an Sonn- und Feiertagen habe 
dies bei verschlossenen Türen zu gesche¬ 
hen, um den Pfarrleuten die Teilnahme 
unmöglich zu machen. 
Uebrigens widersetzte sich die Bevöl¬ 
kerung, namentlich die Zechpröpste, nicht 
ohne Erfolg der Durchführung der ge¬ 
forderten Aenderungen. Die schmerzhafte 
Muttergottesstatue blieb noch lange in 
der Kirche, das Kruzifix hängt heute 
noch an seinem Platze. Die Wage des 
HI. Michael ziert mit der Statue dieses 
Erzengels heute den Giebel des Bründl- 
altares. Mit den Bründlprozessionen 
hielt man es auch weiterhin wie früher 
und die Behörden scheinen sich damit 
abgefunden zu haben. Wenigstens hören 
wir von einem neuerlichen Verbot dieser 
Bittgänge nichts mehr. Nur den Ge¬ 
brauch der Glocken zum Ein- und Aus¬ 
läuten beanstandete man 1802 in einer 
Vermahnung des Vikars Koller. Aber 
dieser verteidigte sich dagegen nicht un¬ 
glücklich damit, daß er in Abrede stellte, 
selbst den Befehl zum Läuten gegeben 
zu haben. Dieses aber zu unterdrücken, 
dazu sei er machtlos, da die aufgeregten 
Leute dazu zwingen oder selbst läuten. 
Aufgeregt aber sei die Pfarrgemeinde, 
weil die Messe in Bründl nur für die 
Badegäste gelesen werden dürfe und weil 
man alle Votiv gegenstände weggeräumt 
habe. 
Sonst ist aus der Zeit des Vikars 
Koller nur noch die Umpfarrung mehre¬ 
rer Ortschaften und die Reduktion der 
Stiftämter und Stiftmessen zu erwäh¬ 
nen. Mayrhof und das Höflergut ka¬ 
men 1786 zu Lembach, dafür Krone- 
wittet, Egnerstorf, Menerstorf, Moos, 
Taglesbach und Krien (bisher bei 
Pfarrkirchen), Grabensreut, Wöger- 
storf, Wulln und Streinesberg (bisher 
bei Sarieinsbach) zu Putzleinsdorf. — 
Die Zahl der Meßstiftungen war bis 
zur Zeit Kollers auf über 60 gestie¬ 
gen, aber die Kapitalien waren bei der 
Hälfte ganz abhanden gekommen. Einen 
beträchtlichen Teil davon hatte man 
zum Bau der Pfarrkirche (1706-1708) 
und zu ihrer Wiederherstellung nach 
dem Brande des Jahres 1742 verwen¬ 
det. Auch Stiftbriefe waren durch das 
Feuer zugrundegegangen und man 
kannte so die Stiftungen selbst nur noch 
aus dem 1720 angelegten Stiftungsbuch, 
das verschont geblieben war. Koller er¬ 
suchte nun das bischöfliche Ordinariat um 
Einschränkung seiner Meßverpflichtungen, 
was er auch erreichte. — Zum Schlusse
	        
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