Volltext: Aus der Vergangenheit der Pfarre Putzleinsdorf im Mühlviertel

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in Putzleinsdorf allein erzeugt worden, 
sondern die größeren Händler (für 1778 
sind im erwähnten Verzeichnis noch 7 
Leinenhändler im Markte genannt) kauf¬ 
ten Leinwand auch in der weiteren Um¬ 
gebung, besonders um Oberkappel und 
Kollerschlag, und selbst in weiter Ferne, 
z. B. im südlichen Böhmen. Aber trotz¬ 
dem verdient die Ausfuhr hohe Aner¬ 
kennung, wir dürfen ja nicht übersehen, 
daß auch die anderen benachbarten 
Märkte ähnliche oder noch größere Men¬ 
gen aus unserer Gegend fortschafften. 
Die Putzleinsdorfer Leinenhändler 
brachten ihre Waren besonders nach 
Linz, Wien und Nürnberg. In diesen 
Städten wurden eigene Märkte abge¬ 
halten, auf denen Käufer aus weiter 
Ferne, besonders aus Ungarn und Ita¬ 
lien, erschienen. Manche Händler ge¬ 
langten durch ihr Geschäft zu einem 
ansehnlichen Vermögen, selbst zum 3- 
und 4fachen Werte ihres Hauses, frei¬ 
lich ist der eine oder andere auch durch 
allzu gewagte Unternehmungen zu ar¬ 
gem Schaden und selbst um sein Haus 
gekommen. Als erster bedeutender Gro߬ 
händler erscheint in den Protokollbüchern 
ein gewisser Tobias Gramsreiter auf, 
der im Jahre 1638 starb. Sein Haus 
lag „am Ort nächst dem des Wolf 
Schneeberger" und wurde mit 500 fl 
geschätzt. Sein Gesamtvermögen aber 
betrug 1848 fl. 39 kr., davon kamen 
rund 1000 fl. auf vorhandene Lein¬ 
wand, über 300 fl. auf noch ausstän¬ 
diges Guthaben („Schulden herein" ge¬ 
nannt) und bares Geld (30 Dukaten 
a 3 fl., 12 Silberkronen a 1 fl. 50 
und 13 Reichstaler a 1 ft. 45). Diesem 
Vermögen standen rund 300 fl. Pas¬ 
siva („Schulden hinaus") gegenüber. 
Ungefähr halb so groß als das 
Vermögen des Genannten war der Besitz 
des Michael Pracher (wahrscheinlich auf 
dem Hause Nr. 18, + 1666), ferner der 
des Stefan Wöß (+ 1667) und der des 
1688 verstorbenen Wirtes und Markt- 
richters Josef Streinesberger (Haus Nr. 
6). Sein Gesamtvermögen betrug 1883 
fl. und enthielt auch besonders „Sil- 
bergschmeidt", nämlich 1 silbernen Gür¬ 
tel (24 Loth schwer, auf 30 fl. ge¬ 
schätzt), 1 silbernen Becher (64 Loth, 
55 fl.) und 12 Silberlöffel (25 Loth, 
18 fl.). Dazu kamen 116 Pfund „Zinn- 
gfchirr". Als Beispiel arger Verschul¬ 
dung mag Johann Aumühlner ange¬ 
führt werden, der auch ein Wirtsgeschäft 
besaß, aber besonders einen weit ver¬ 
zweigten Leinenhandel betrieb. 1680 
mußte er sich als zahlungsunfähig er¬ 
klären, seinem auf 1373 fl. geschätzten 
Vermögen standen 3864 fl. Schulden 
gegenüber. Unter seinen Gläubigern 
werden auch zwei mußte in Nürnberg 
Jakob und Isaak genannt mit 559 fl 
Guthaben. Jeder Gläubiger erhielt für 
1 fl. nur 972 kr. Im 18. Jahrhun¬ 
dert sind noch besonders zwei Namen 
hervorzuheben, nämlich Adam Uhrl 
(Haus Nr. 29, + 1703) mit über 3000 
fl. Ueberwert und Anton Pracher (wahr¬ 
scheinlich Haus Nr. 23, + 1775), der 
wohl den großzügigsten Handel betrieb. 
Er beschäftigte 4 Pferde und hatte Gel¬ 
der ausständig in vielen Orten Ungarns. 
Böhmens und Mährens, selbst in Triest. 
Sein Vermögen wird auf 23.478 fl. 
angegeben, denen freilich auch 17.452 fl. 
Schulden gegenüberstanden. 
Die angeführten Vermögen, die ein¬ 
zelne Händler Putzleinsdorfs zusammen- 
brachten, sind allerdings noch beschei¬ 
den im Vergleich zu jenen, die ihre Ge¬ 
schäftsgenossen in günstiger gelegenen 
Orten, z. B. Neufelden erreichten. War 
doch Beim Tode des Johann Karl Stölzl 
von Neufelden im Jahre 1804 eine Bar¬ 
schaft von über 65.000 fl. vorhanden 
in Gold- und Silbermünzen und Banko- 
zetteln und außerdem verzeichnet das 
Inventar noch 129.324 fl. Obligationen 
und Privatschuldscheine (Haßleder, a. a. 
O. 159). 
Aber auch in und um Putzleinsdorf 
bewirkten Leinenweberei und Leinenhan¬ 
del im 17. und 18. Jahrhundert einen 
Wohlstand wie früher und nachher nie 
wieder. Deutliche Beweise dafür sind 
die lebhafte Bautätigkeit jener Zeit (we¬ 
nigstens im Markte) und die größere Be¬ 
völkerungsdichte. Der Generalschematis¬ 
mus unserer Diözese weist für das Jahr 
1800 für die Pfarre Putzleinsdorf um 
103 Seelen mehr aus (1242), als für 
1920 angegeben werden (1139). Und 
doch war um 1800 schon ziemlich lange 
der Höhepunkt des gewerblichen Betrie¬ 
bes überschritten. Eingeleitet wurde des¬ 
sen Niedergang zunächst durch die immer 
stärkere Einführung von Maschinen für 
Spinnerei und Weberei in anderen Ge¬ 
genden. Dann kamen seit etwa 1770 
Baumwollwaren immer mehr in Ver¬ 
wendung und endlich legten die vielen 
Kriege seit 1792 den Leinenhandel ganz 
lahm; viele Absatzgebiete der Mühl- 
viertlerleinwand waren eben seitdem ver¬ 
schlossen. So beschränkte sich die Leinen¬ 
weberei unserer Gegenden immer mehr 
auf die Erzeugung der nötigen Haus-
	        
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