Volltext: Aus der Vergangenheit der Pfarre Putzleinsdorf im Mühlviertel

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wenden, beim Herrschaftsgerichte Beru¬ 
fung einlegen. Bei den meisten Straf- 
verhandlungen waren körperliche Be¬ 
schädigung, Ehrenbeleidigung und Mark¬ 
verletzungen die Ursachen der Klagen. 
Das Urteil lautete gewöhnlich dahin, 
daß beide Parteien (Kläger und Ange¬ 
klagter) ein empfindliches Poenale 
(Strafe) an die Herrschaft zahlen und 
die Getichtskosten gemeinsam tragen 
mussten. Man muß beim Durchblättern 
der Protokolle nur staunen, daß trotz 
dieses abschreckenden Ausganges solcher 
„Klagen" immer wieder die Tätigkeit 
des Gerichts in Anspruch genommen 
wurde. 
Weitaus mehr Arbeit verursachten 
übrigens dem Marktgerichte andere 
Rechtsgeschäfte: Kaufverträge, Quittun¬ 
gen, Schuldbriefe, Uebergabsabhandlun- 
gen, Vermächtnisse, Verlassenschafts-(In- 
ventur)Aufnahmen. Gerhabszettel (Gut- 
steher), Wechsel, Geburtsbriefe u. dgl. 
Bei Käufen und Verlassenschaftsabhand¬ 
lungen bürgerlicher Häuser unterstand 
der Marktrichter der Oberaufsicht des 
herrschaftlichen Pflegers. 
Neben der Ausübung der niederen 
Gerichtsbarkeit und Ausstellung von 
Rechtsurkunden hatten Marktrichter und 
Rat noch verschiedene andere Aufgaben 
zu besorgen. Die wichtigste war wohl 
die Verwaltung des Marktvermögens. 
Zu dem Zwecke wurden aus den Rats¬ 
bürgern meist zwei eigens als Kämme¬ 
rer dem Marktrichter an die Seite ge¬ 
stellt. Sie verwalteten die kleineren Ein¬ 
nahmen und Ausgaben und legten dar¬ 
über jedes Jahr Rechnung. (Diese „Rait- 
tungen" der Kämmerer sind für viele 
Jahre erhalten). In der späteren Zeit des 
18. Jahrhunderts wenigstens wurde auch 
zur Beaufsichtigung und Verwaltung 
des "Gmeinwaldes" (Bründelholzes) ein 
eigener Bürger mit dem Titel „Forst- 
ner" bestimmt. Das Marktgericht war 
dann auch Grundherrschaft für die Bür¬ 
ger und Häusler des Marktes und end¬ 
lich Verwaltungsbehörde des Staates. 
Als solcher oblag ihm besonders die Aus¬ 
führung obrigkeitlicher Verordnungen 
und dte Aufrechterhaltung der Ruhe und 
Ordnung. 
Die gewöhnlichen Verwaltungsan¬ 
gelegenheiten und Gerichtsfälle wurden 
in den Ratssitzungen erledigt, zu denen 
durch das Läuten der im Marktturm 
befindlichen Glocken das Zeichen gege¬ 
ben wurde. Wichtigere Angelegenheiten 
waren jedoch der Beschlußfassung einer 
allgemeinen Bürgerversarnmlung vorbe¬ 
halten. Eine solche fand jedes Jahr im 
Frühling statt, das sogenannte Ehaft 
(Ehehaft). Dabei wurde durch den 
„Gmeinredner" die Marktordnung vor¬ 
gelesen, man wählte die Verwalter der 
verschiedenen Gemeindeämter und prüfte 
die Marktrechnungen. 
Zur Veranschaulichung der Tätigkeit 
des Marktgerichtes mögen einige der be¬ 
zeichnendsten Verhandlungsgegenstände 
und Beschlüsse aus dem 17. und 18. Jahr¬ 
hundert kurz ausgezählt werden: Jeder 
Bürger soll auf eigene Kosten in seinem 
Hause einen ledernen Feuereimer und 
unter dem Dache eine Bottich mit Was¬ 
ser bereit halten; vom „Beriland" soll 
ein neues Wasser zur Speisung des Kars 
zugekehrt werden; dem Vikar weist man 
einen Holzgrund zu; im Bründelholz 
sollen die zur Verteilung bestimmten 
Scheiter „nummeriert" und die Wie¬ 
senörter darin (waldfreie Stellen) unter¬ 
sucht werden; die Wullnerbauern dür¬ 
fen kein Tannenreisig mehr wegführen; 
im Markte soll ein eigener Pfändstall 
zur Unterbringung gepfändeter Nutztiere 
gebaut werden; bei Nacht darf man in 
den Haarstuben nicht mehr arbeiten; das 
Austreiben des Viehs auf das Korn 
„bei weichem Wetter" ist verboten; die 
Tauben, deren Zahl allzugroß geworden, 
soll man durch Abschießen vermindern u- 
dgl. Einmal findet sich auch der Be¬ 
schluß, den Freiheitsdegen durch den 
Tischler wieder ausbessern und das 
„Fahnl" flicken zu lassen. Dazu kamen 
Anweisungen zur Einhebung neuer Steu¬ 
ern, zum Empfang und zur schluß, 
des Bischofs oder der Herrschaft gelegent¬ 
lich der Jagd oder Eingaben an die 
Herrschaft um Verminderung der La¬ 
sten oder Abwendung drohender Zah¬ 
lungen und besonders Matznahmen zum 
Besten der öffentlichen Ruhe und Sitt¬ 
lichkeit. 
Die zahlreichen Reformen in Ver¬ 
waltung und Rechtspflege, die Maria 
Theresia und Josef II. trafen, machten 
sich erst nach 1790 stärker fühlbar und 
sollen darum im 2. Abschnitt zusammen¬ 
fassend dargestellt werden. 
 
7. Kapitel. 
 
Markthaushalt. 
 
Die Vermögensverwaltung des 
Marktes war schon in der ersten Zeit, 
aus der noch Rechnungen vorhanden sind 
(um 1680), geteilt zwischen dem Markt¬ 
richter und zwei eigens dafür gewählten
	        
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