ben den ausgestoßenen Injurien auch
vor, er hätte sich 1575 von den ent¬
wendeten Sachen einiges zurückgehalten,
und entließ ihn auch dann nicht, als ein
kaiserlicher Befehl seine Freilassung for¬
derte. Tattenpeck meinte, die Regierung
kenne den wahren Sachverhalt nicht, und
bedrohte Kapfer schon mit der Folter.
Aber bevor es zu deren Anwendung
kam, gelang es dem wackeren Putzleins¬
dorf er Richter, sich selbst zu befreien.
Im Verein mit einem anderen Insassen
des Turmes durchbrach er zwei Mauern
und ließ sich über eine dritte mittels
zusammengebundener Plachen hinab ins
Freie. Den Prozeh scheint er schließlich
auch, soweit seine eigene Person in Be¬
tracht kam, gewonnen zu haben. Tat¬
tenpeck wurde vom Linzer Gerichte mit
dem Abschied vom 2. Juni 1586 dazu
verurteilt, dem Kapfer die ihm erwach¬
senen Prozeßkosten im allerdings ermä¬
ßigten Betrag von 29 fl. 4 Schilling
binnen 14 Tagen zu ersetzen. In der
eigentlichen Streitfrage erfolgte keine
Entscheidung: der Kaiser hatte nur am
4. August 1582 beiden Teilen Still¬
stand geboten. Tatsächlich aber übte Fal-
kenstein die hohe Gerichtsbarkeit dann
wieder unangefochten auch über Putz-
leinsdorf aus und überlieferte nur die
vor der eigenen Schranne in Hofkirchen
verurteilten Verbrecher dem Landrichter
von Velden zur Hinrichtung. (Ueber
Thomas Kupfer vgl. Karl Haßleder,
Geschichte des Marktes Neufelden. S.
47 f.).
In den Marktaufzeichnungen, die
freilich auch in dieser Hinsicht unvoll¬
ständig sind, werden innerhalb 70 Jahren
dreimal Verurteilungen zum Tode und
Hinrichtungen erwähnt, die begangenen
Verbrechen sind nie angeführt. Im Jahre
1685 wurden drei Personen hingerichtet,
der Rat von Putzleindorf mußte dabei
vertreten sein, 1713 mußte die Hälfte
der Bürger und untertänigen Bauern
samt dem Marktrichter beim herrschaft¬
lichen Gerichte erscheinen, weil ein „Ma-
lifiziant" dem Scharfrichter übergeben
wurde. Und endlich stellte der Markt
allein 1755 wieder 10 Mann zur Aus¬
führung eines armen Sünders nach Fal¬
kenstein und Hofkirchen.
Die niedere Gerichtsbarkeit über die
Falkenstetnischen Untertanen in und um
Putzleinsdorf wurde jedenfalls schon vor
seiner Erhebung zum Markte im Orte
selbst ausgeübt. Wie erwähnt, nennt
schon das Urbar vom Jahre 1562 einen
Vogtholden im Aigen Putzleinsdorf
19
(Wolfgang Höfler) Richter und auch in
den späteren Urbaren ist von Richtern
die Rede. Ob mit der Erhebung zum
Markte Veränderungen im Ortsgerichte
verbunden waren oder nicht, läßt sich
nicht feststellen. Wenigstens eine Titel¬
erhöhung erfolgte dadurch, das Orts¬
gericht wurde zum Marktgericht.
Es bestand aus dem Marktrichter und
den Ratsbürgern, auch Ratsgeschworne
oder Ratsfreunde genannt, wahrschein¬
lich 6. Sie hatten in der Kirche einen
Ehrenplatz, nämlich in dem noch heute
nach ihnen benannten Ratstuhl. Die
Ratsbürger wurden von der „Gmain",
d. h. von der gesamten Bürgerschaft
alljährlich gewählt, der Marktrichter
aber von der Herrschaft „angesetzt", und
zwar auch auf ein Jahr. Doch war
Wiederwahl der Ratsherren statthaft
und es bekleidete auch ein und derselbe
Marktrichter meist mehrere, ja wieder¬
holt viele Jahre dieses Amt; die Er¬
nennung von Seite der Herrschaft nahm
bald den Charakter einer einfachen Be¬
stätigung durch den Pfleger in Alten-
hof an. Die Einsetzung des Richters
durch diesen geschah durch Überreichung
des Gerichtsstabes und Ehehafts (Markt¬
ordnung), seitdem ein solches geschrie¬
ben war (1626). Dann leisteten ihm
Markt und Urfahr das „Glüb". d. h.
das Versprechen des Gehorsams, und
es wurde ein Umzug gehalten, bei dem
man die „Lade", d. i. die Marktkasse
mittrug. Den Abschluß bildete eine Ta¬
fel und während ihres Verlaufes eine
Ehrensalve der „Schützen". Besonderen
Glanz erhielt die Feierlichkeit durch die
Anwesenheit der Herrschaft.
Ueber die Tätigkeit des Marktge¬
richts erhalten wir ziemlich eingehenden
Aufschluß aus den im Marktarchiv vor¬
handenen ProtokoIIbüchern des Markt¬
gerichts (5 Bände über die Jahre 1631
bis 1679, 1680—1685, 1705—1726.
1751, 1780—1809), die noch durch ein
paar Notlprotokolle, d. h. erste Auf¬
zeichnungen, etwa Konzepte, ergänzt wer¬
den. Den kleinsten Raum nehmen Ge¬
richtsverhandlungen im landläufigen
Sinne ein, Schlichtung von Streitig¬
keiten und Ahndung begangener Rechts¬
verletzungen. Die Aufzeichnungen dar¬
über zerfallen regelmäßig, in drei Teile:
Klag, Antwort (des Angeklagten) und
„Pschaidt" (Bescheid, Urteil). Diesem
ist häufig die Bemerkung angefügt, wer
mit dem Bescheid „beschwert" (nicht zu¬
frieden) sei, „habe die Herrschaft Falken-
stein bevor," d. h. er könne sich an diese