Volltext: Aus der Vergangenheit der Pfarre Putzleinsdorf im Mühlviertel

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schaft bevorstehen, nachdem ein Haus 
oder Bürgerrecht in dem Markt feil 
geworden, in den Kauf einzustehen, 
doch der Herrschaft ihren Vorzug un¬ 
benommen." 
 
6. Kapitel. 
 
Verwaltung und Rechtspflege. 
 
Die hohe oder Blutgerichtsbarkeit 
über den Ort und das Urbaramt Putz¬ 
leinsdorf wurde vor dem Jahre 1848 
Immer von der Herrschaft Falkenstein 
ausgeübt. Den Bischöfen von Passau 
ist es trotz ihres eifrigen Bemühens nach 
dem Aussterben der hochfreien Herren 
von Falkenstein (um 1200) niemals ge¬ 
lungen, die Gerichtshoheit darüber zu 
erlangen, weil die Herrschaft Falkenstein 
in den Besitz anderer reichsfreier Ge¬ 
schlechter überging, zuerst der Wittigonen 
von Krumau und dann der Habsbur¬ 
ger. Diese verliehen mit der Herrschaft 
auch die Gerichtsbarkeit weiter. In der 
Urkunde vom 21. Dezember 1517, durch 
die Ferdinand I. Falkenstein dem Jörg 
von Herberstem verschrieb, heißt es aus¬ 
drücklich „samt dem Landgericht". 
In der tatsächlichen Ausübung der 
Blutgerichtsbarkeit scheinen allerdings 
die falkensteinischen Landrichter oder 
Pfleger seit dem 15. Jahrhundert dem 
passauischen Landgericht Velden (Neu¬ 
felden) ein Zugeständnis gemacht zu ha¬ 
ben. Sie zogen nämlich die Malefikanten 
(Verbrecher) wohl selbst gefänglich ein 
und verwahrten sie im Schlosse Falken¬ 
stein oder Altenhof, führten auch die 
Untersuchung und fällten das Urteil — 
das geschah in Hofkirchen, dort war die 
Schranne (Gerichtsstätte), dort wohnte 
auch der Falkensteinische Landgerichts¬ 
diener — aber übergaben dann die Ver¬ 
urteilten zur Hinrichtung dem Landrich¬ 
ter von Velden. Diese Ueberlieferung 
fand jenseits des Bockbaches oder Wesen- 
baches, nahe beim Markte Hofkirchen, 
statt. Von den Gütern eines solchen Ver¬ 
brechers erhielt zwei Drittel die Herr¬ 
schaft Falkenstein, ein Drittel der Land¬ 
richter von Velden für die Hinrichtung. 
Die Richtstätte befand sich bis nach 1800 
auf dem inneren Galgenberg bei Neu¬ 
felden, dann am Kreuzweg auf der Do¬ 
nauleiten zwischen Hofkirchen und Mars- 
bach. Der Landrichter von Velden hatte 
bis 1538 seinen Sitz in Neufelden, seit¬ 
dem in Marsbach. 
Zwischen den Pflegern von Velden 
(Marsbach) und Falkenstein kam es wie¬ 
derholt zu Reibereien und Streitigkei¬ 
ten wegen einzelner Gerichtsfälle. In 
der zweiten Hälfte des 16. Jahrhun¬ 
derts arteten sie geradezu in offene 
Feindseligkeit und Gewalttaten aus, 
hauptsächlich infolge der Anmaßung des 
marsbachischen Pflegers Veit Tattenpeck. 
Diesen Gegensatz bekam einmal auch ein 
Richter von Putzleinsdorf zu spüren, na¬ 
mens Thomas Kapfer, Bürger und 
Schuhmacher. Dieser hatte zwei fremde 
Personen, einen Mann und eine Frau, 
gefangen setzen lassen, weil sich entwen¬ 
detes Gut bet ihnen fand, und meldete 
den Vorfall der Herrschaft Falkenstein. 
Aber bald darauf sandte der Mars- 
bachifche Pfleger Tattenpeck an ihn die 
Aufforderung, die zwei gefangenen Per¬ 
sonen nach Marsbach auszuliefern. Kap- 
fer kam jedoch der Aufforderung nicht 
nach. Nun, am 6. Juli 1575, verlangte 
Tattenpeck gar vom Pfleger in Falken¬ 
stein, Gottfried Salburger, er solle ihm 
den Richter von Putzleinsdorf verschaf¬ 
fen, weil dieser entfremdete Sachen nicht 
dem Landgericht Velden-Marsbach aus¬ 
geliefert habe. Der Salburger wandte 
sich um eine Entscheidung in der strit¬ 
tigen Frage an das Landeshauptmän- 
nische Gericht in Linz und das scheint 
wirklich zunächst gegen Kapfer entschieden 
zu haben. Wenigstens mutzte sich dieser 
im Auftrage des Salburgers zum Ver¬ 
hör in Marsbach stellen und wurde dort, 
weil inzwischen die zwei Gefangenen ent¬ 
kommen waren, von Tattenpeck um 4 fl. 
gestraft. Unverständlich ist die Begrün¬ 
dung, die Gottfried Salburger seinem 
Auftrag beifügte: Kapfer müsse sich dem 
Marsbachischen Landrichter stellen, weil 
das Aigen Putzleinsdorf erst vor eini¬ 
gen Jahren vom Kloster Niedernburg 
durch die Herrschaft Falkenstein erkauft 
worden sei. Denn dieser Kauf (am 2. 
März 1570) änderte ja nur die Grund- 
herrschaft, nicht aber die hohe Gerichts¬ 
barkeit. Die hatte Niedernburg nie be¬ 
sessen und konnte sie darum auch nicht 
verkaufen. Dem Kapfer leuchtete die 
Richtigkeit dieser Beweisführung eben¬ 
falls nicht ein und er wandte sich auch 
seinerseits an das Landeshauptmännische 
Gericht in Linz. Dadurch zog er sich 
den vollen Haß Tattenpecks zu und die¬ 
ser sann auf Rache. Im Jahre 1582 
konnte er sie kühlen. Kapfer stieß angeb¬ 
lich ehrenrührige Aeußerungen gegen den 
Untergebenen Tattenpecks, den Landge¬ 
richtsdiener stieß aus und wurde 
darum von jenem gefänglich eingezogen, 
bei Nacht und Nebel nach Velden ge¬ 
bracht und dort im Turme gefangen ge¬ 
halten. Sein Gegner warf ihm nun ne-
	        
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