Volltext: Chronik der Pfarre Kirchdorf im Kremsthal

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Der Erbe eines Hauses kam gegenüber seinen Geschwistern be¬ 
deutend voraus, weßhalb solche Eltern, die über dem Hanse bares 
Vermögen hatten, mit diesem die übrigen Kinder besser ausstatteten. 
Wo Schulden auf dem Hause waren, fiel freilich das Erbtheil fehr 
gering aus. 
Freie Häuserverkäufe kamen bei den Bauernhäusern vor 1848 
weniger vor, einmahl weil die Herrschaften dieselben nicht begünstigten; 
dann mußte in hiesiger Gegend mindestens die Hälfte des Kaufspreises 
beim Kaufe erlegt werden; und waren 10 Procente der Kaufsumme 
in die herrschaftliche Caffe zu entrichten; was Landemium oder Leut¬ 
kauf hieß. Der Kaufpreis war daher stets ein weit niedriger als er 
jetzt gegeben wird, aber immerhin weit höher als der landtäsliche 
Werth der »Rnstical-Kaussprätien» Bei projektirten Heirathen mußten 
die Unterthanen den Konsens der Herrschaft einhohlen. 
Bedeutende Auslagen hatten statt bei einem Sterbesalle, wenn 
die Herrschaft weit entfernt war z. B. Gleink, Köppach oder gar 
Waldenfels. Denn da kam ein herrschaftlicher Beamter zur Todfalls- 
Ausnahme, und es mußte außer dem Freigelde dem Beamten die Reise 
bezahlt werden. 
Mit dem Worte »Freigeld» wurde sowohl das Mortuarium als 
das Landemium im Munde der Leute bezeichnet. 
Es ist begreiflich, daß die Herrschaftsbesitzer großen Einfluß 
auf ihre Unterthanen hatten, da sie so ziemlich nach Belieben strenge 
oder milde sein konnten. Nun ist freilich alles anders: Burgstall Schellen¬ 
stein und Schloß Jnzersdorf bestehen nicht einmahl mehr als Gebäude, 
der Herrensitz Lauterbach und die Burg Wels sind Privathäuser die 
andern Herrschafts-Sitze haben keine Rechte mehr. Von der Burg 
Wels ist wenigstens noch ein sensationeller Lehenproceß übrig. 
98. Die Regierung vor dem Jahre 1848. 
Die Regierung vor den Stelj* 1848 war anders eingerichtet 
als jetzt. Politische Gemeinden gab es außer dem freien Markte 
Kirchdorf nicht; also noch keine Gemeinde Michldors, Schlierbach oder 
Jnzersdorf. Wohl existirten Steuergemeinden, aber nur auf dem Papiere 
seit Einführung des Katasters 1833 oder seit 1750. Auch ist von 
Schulgemeinden die Rede, doch wurden die Schulangelegenheiten m 
Geld- und Bausachen entweder vom betreffenden Patronate, oder vom 
k. k. Distriktskommissariate geschlichtet. 
Der Markt Kirchdorf verwaltete sich selbst durch den gewählten 
Magistrat; die sogenannte adelige oder Friedensgerichtbarkeit wurde 
zu Kirchdorf durch den Syndikus verwaltet. Die Kriminal-Justitz aber 
gehörte zum Landgerichte Pernstein.
	        
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