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Im Reich kommt es an verschiedenen Stellen zu Teue-
rungsunruhen. Die Rommunisten versuchen sich der Füh
rung zu bemächtigen, Streiks sind an der Tagesordnung.
In Dresden nehmen die Demonstrationen, von der
sächsischen Regierung mittelbar unterstützt, einen größeren
Umfang an. Schon fallen wieder Schüsse, Blut fließt auf
der Straße. In Zittau erfolgt ein Sturm auf das Rat
haus, die Polizei wehrt sich, zwei Tote und fünfzehn Ver
letzte liegen auf dem Platz. Die Erbitterung wächst rasch,
die sächsische Regierung rührt keinen Finger, ihre Angriffe
gegen die Reichsregierung werden systematisch fortgesetzt.
Ende September verschlimmern sich die Dinge so, daß
der Reichspräsident den Ausnahmezustand über das Reichs
gebiet verhängen muß. Der Befehlshaber der sächsischen
Reichswehrtruppen, General Müller, wird mit der Wieder
herstellung der Ordnung im Freistaat Sachsen beauftragt.
Die Reichsexekution wird angeordnet.
Zeigner protestiert und beschuldigt seine sozialdemokra
tischen Genossen in der Reichsregierung offen des Verrats.
Die Rommunisten rufen zum Generalstreik gegen --Mili
tarismus und Reaktion" auf. In Berlin, Breslau, Mann
heim und anderen Städten brechen Teuerungskrawalle aus.
Die sozialdemokratische Regierung Thüringens stellt sich
mit ihren Sympathien offen auf die Seite Sachsens.
Jetzt beschließen die Rommunisten, in die sächsische Re
gierung einzutreten, um die Einheitsfront des Proletariats
herzustellen. Anfang Oktober sind sie mit den Sozialdemo
kraten handelseinig. Das politische Programm ist klar
und eindeutig. Man will die roten Hundertschaften be
waffnen, man will das sächsische Parlament ausschalten und
durch eine sozialistisch-kommunistische Instanz ersetzen. Der
Besitz soll aufs schärfste durch Steuern erfaßt werden, Ron-
trollausschüsse sind einzusetzen, Lebensmittel sind zwangs
weise beizutreiben, Reichswehr und Polizei sind von allen
„reaktionären Elementen" zu reinigen.
Zwei Tage später wird der kommunistische Buchdrucker
Böttcher sächsischer Finanzminister, der Maurer Wecker
Wirtschaftsminister. Zeigner präsentiert dem Landtag sein
Rabinett als „Regierung der republikanischen und proleta
rischen Verteidigung". Die roten Hundertschaften werden
mit staatlichen Mitteln bewaffnet. Aktions- und Rontroll-