Volltext: Deutschland in Ketten

Vlädjtt hindurch vor seinen Berechnungen. Als der eng 
lische Premierminister Baldwin ihn zu einer Unterredung 
aufsucht, ist er die Liebenswürdigkeit selbst. Sie veröffent 
lichen ein gemeinsames Rommuniqu6, worin sie sich „glück 
lich schätzen, feststellen zu dürfen, daß in keiner einzigen 
Frage Meinungsverschiedenheiten bestehen, die eine Zu 
sammenarbeit der beiden Länder unmöglich machen würden". 
Dann fällt der zweite Schlag. 
Die deutsche Regierung muß, um dem völligen Absturz 
der Papiermark und ihrer absoluten Zahlungsunfähigkeit 
vorzubeugen, am 17. September die Finanzierung des passi 
ven Widerstandes an Rhein und Ruhr in großem Um 
fange einstellen. 
was jetzt kommt, ist nur noch Nachspiel. Der Rampf 
ist verloren. 
poincare hält am nächsten Sonntage nicht weniger als 
drei Reden in der Provinz. „Laßt Deutschland noch reden 
— wir hören nicht darauf, es wird sich von den Tatsachen 
überzeugen und dann endlich aufhören, uns Bedingungen 
zu stellen." 
Er wartet jetzt von Tag zu Tag. 
Im besetzten Gebiet beschließen die Belegschaften zahl 
reicher Betriebe, die Arbeit im Dienste der Franzosen 
wieder aufzunehmen. Nach unerhörten Leiden, sagen sie, 
habe Berlin sie verlassen, und sie seien genötigt, die Brücke 
zur Erhaltung ihrer Existenz rechtzeitig zu betreten. Die 
Züge der französisch-belgischen Regie füllen sich von Tag 
zu Tag mit deutschen Passagieren. Es ist ja doch alles ver 
loren, man geniert sich nicht mehr, weil es der Nachbar 
auch nicht tut. Die Rohlenzüge nach Frankreich hinein 
werden immer zahlreicher. 
Am 24. September bespricht sich Reichskanzler Strese- 
mann abermals mit den Vertretern des besetzten Gebiets. 
Die Bemühungen der Reichsregierung, vor dem offiziellen 
Abbruch des passiven Widerstandes wenigstens die Fragen 
der Rückkehr der Ausgewiesenen, der Freilassung der Ge 
fangenen, der Wiederherstellung der deutschen Verwaltung 
zu lösen, sind gescheitert. Das Reich kann die Ruhrkredite
	        
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