Volltext: Deutschland in Ketten

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„Jeder ehrliche Mensch an Ruhr und Rhein", ruft der 
Ranzler einige Tage später, „sehnt sich nach der Stunde, 
in der dies blühende deutsche Land der alten regen Tätigkeit 
wiedergegeben wird. Diese Stunde wird gekommen sein, 
wenn wir die Sicherheit haben, daß auf den Grundlagen 
der deutschen produktiven Pfandleistungen die Lösung des 
Konflikts möglich ist, die der Sinn unseres passiven Wider 
standes war." 
Es bleibt still in Paris. 
Die Sozialdemokratische Partei veröffentlicht eine Er 
klärung, die deutsche Arbeiterschaft und die gesamte Bevöl 
kerung an der Ruhr seien geneigt, den passiven widerstand 
aufzugeben, wenn Frankreich sich bereit erkläre, die Aus 
gewiesenen zurückkehren zu lassen, die Gefangenen freizu 
geben und der Bevölkerung Sicherheit für Leben und Exi 
stenz zu gewähren. 
Es bleibt still in Paris. 
Am 4. September sagt Reichskanzler Stresemann in 
Berlin, er nehme sich Goethes Wort von der „Nachgiebig 
keit bei festem willen" zum Symbol seiner Politik, Nach 
giebigkeit in materiellen Dingen, Unnachgiebigkeit in der 
Verteidigung deutschen Bodens. 
Jetzt antwortet poincare. 
Er hat bis heute gewartet, um die Folgen des Regie 
rungswechsels in Deutschland, die weitere Entwicklung der 
französisch-englischen Auseinandersetzung, die Fortschritte 
der französischen Maßnahmen im Ruhrgebiet und das Nach 
lassen des deutschen Widerstandes zu studieren. Jetzt weiß 
er, was er zu sagen hat. 
„Der neue Reichskanzler", sagt er, „schlägt uns jetzt 
andere Pfänder vor. Aber wir behalten Ln der Hand, was 
wir haben, und laufen nicht Dingen nach, die man uns ver 
spricht. wir wollen Realitäten, und wir werden nicht eher 
abziehen, bis wir bezahlt sind. Deutschland gibt sich immer 
noch Selbsttäuschungen hin. An den von Frankreich ge 
stellten Bedingungen ist nicht zu rütteln." 
Poinear6 reist jetzt beinahe an jedem Sonntag in die 
Provinz und hält Reden, in denen er an Deutschlands 
Schandtaten während des Krieges erinnert. Er verdoppelt 
seine Kraft, es wird erzählt, er sei mißtrauisch gegen jeder 
mann und frage niemanden mehr um Rat. Er sitzt die
	        
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