}2. Äapitel
Zusammenbruch
Rücktritt des Rabinetts Tuno. — Gustav Stresemann und die
Große Koalition. — Die Antwort aus Paris. — Abbruch des
passiven Widerstandes am r§. September 1923. — Sozialistisch-
kommunistischer Terror in Sachsen. — Eitler, Rahr und Luden
dorff. — Der 9. November vor der Münchener Fcldherrnhalle. —
Inflationswirbel.
Jäh wechselt der Schwerpunkt des Geschehens von der
englisch-französischen Auseinandersetzung wieder auf die
deutsche Seite. Die Regierung Tuno, das Rabinett des pas
siven Widerstandes, tritt am )3. August 1923 zurück. Dir.
Ereignisse sind ihr über den Ropf gewachsen.
Im Innern droht schon wieder der Bürgerkrieg. In
Sachsen und Thüringen sammeln sich die linksradikalen
Massen zum Vorstoß gegen das Reich. In Bayern liegen
die Dinge umgekehrt. Hier ist die Reaktion im Begriff, die
Macht an sich zu reißen. Die Sozialdemokratie befindet sich
im offenen Aufruhr gegen die ihr verhaßte Regierung. Die
bürgerlichen Mittelparteien halten es, an ihrer eigenen
Rraft verzweifelnd, wieder für an der Zeit, die Sozial
demokratie zur aktiven Teilnahme an der Reichspolitik
heranzuziehen. Der Führer der volksparteilichen Reichs
tagsfraktion, Dr. Gustav Stresemann, ist der Hauptvor
kämpfer dieser Richtung.
Das Rabinett Tuno hat innerlich schon seit längerem
seine Sache verloren gegeben, es kämpft nicht mehr um
seien Bestand und um seine Parole. Der passive wider
stand wird immer mehr Wesen ohne Inhalt. Einflußreiche
Industrielle, Politiker und Rommunalbeamte aus dem
Ruhrgebiet drängen selbst auf seinen Abbruch. Der dro
hende Separatistenausstand zeichnet sich schon ab. Die Ver
handlungen mit England stocken, poincare ist halsstarriger
denn je. Die Mark stürzt ins Bodenlose. Es gibt kein
Vorwärts und kein Rückwärts mehr, alles ist festgefahren.
Ineinander verkrampft und zuckend treibt Deutschland dem
Abgrund zu.
Reichskanzler Luno bleibt nur noch die Feststellung
übrig, daß er allein steht. Er nimmt seinen Abschied. Die