Volltext: Das Weltkriegsende

Der Kompetenzstreit um die Verantwortlichkeit 
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Dieses überaus gewichtige Schreiben bedeutet nichts anderes, 
als daß die Männer der O.H.L. dem Monarchen als dem Obersten 
Kriegsherrn die Entscheidung darüber aufzwangen, welcher Kurs 
nunmehr gesteuert werden sollte. Die Machtfrage zwischen politischer 
und militärischer Leitung war gestellt. Der Kaiser mußte sich jetzt 
fragen, ob er dem Reichskanzler Grafen Hertling und seinem außen¬ 
politischen Berater, dem Staatssekretär v. Kühlmann, oder den Auf¬ 
fassungen der O.H.L. den Vorrang geben wollte. Aber auch an den 
Grafen Hertling und Herrn v. Kühlmann trat die Notwendigkeit 
heran, sich grundlegend zu äußern. 
Auf die einzelnen Phasen des nunmehr beginnenden Kompe¬ 
tenzkampfes braucht hier nicht näher eingegangen zu werden. Auf 
Grund von Bemerkungen des Staatssekretärs v. Kühlmann vom 
10. Januar 1918, die er in Brest-Litowsk niederschrieb, entstand eine 
Denkschrift, die der Reichskanzler Graf Hertling am 23. Januar 1918 
dem Kaiser übersandte. Den Gipfelpunkt dieser Denkschrift bildeten 
die Worte: „Der Staatssekretär des Auswärtigen Amtes treibt keine 
eigene Politik, er führt die von niir auf Befehl Euer Majestät ge¬ 
leitete Politik aus. Ich darf aber für mich in Anspruch nehmen, 
daß ich Euer Majestät zu keiner Politik zu raten imstande wäre, 
die dahin führen würde, Deutschland von der Höhe herabzuführeu, 
auf die Euer Majestät und Allerhöchstderen Vorfahren es geleitet 
haben." — Dieser Vorwurf war in Hindenburgs Schreiben vom 
7. Januar 1918 angedeutet worden. — „Im Gegensatz zu den exak¬ 
ten Wissenschaften kennt die Politik nicht eine einzige unumstößlich 
richtige Lösung gestellter Probleme, sie wird immer von der subjek¬ 
tiven Überzeugung geleitet werden, daß jeder die für das Heil des 
Vaterlandes richtige Politik vertritt. Die Entscheidung, welcher 
Kurs eingehalten werden soll, liegt bei Euer Majestät. Ich stehe 
nicht an zu glauben, daß, wie bisher, auch künftig es der Weisheit 
Euer Majestät gelingen wird, die für das Vaterland nützlichste Po¬ 
litik durch Abwägen der von Allerhöchstderen Ratgebern vorgetra¬ 
genen Gründe zu bestimmen und den Männern, die auf militäri¬ 
schem Gebiet Euer Majestät und dem Vaterlande so unermeßliche 
Dienste geleistet haben, das Gefühl zu erhalten, daß sie das Ver¬ 
trauen ihres Allerhöchsten Kriegsherrn in vollem Umfang genießen. 
Anderseits dürfen aber auch die durch das ehrenvolle Vertrauen 
Euer Majestät ausgezeichneten politischen Ratgeber beanspruchen, 
daß ihnen auch seitens der militärischen Stellen dasselbe Vertrauen 
auf ihre Leistungsfähigkeit und ihr durch langjährige Erfahrung er¬ 
worbenes und gebildetes politisches Urteil entgegengebracht wird." 
Dem Schreiben war eine „Erklärung über die Abgrenzung der 
Verantwortlichkeit" beigelegt, auf die sich Graf Hertling und die 
O.H.L. geeinigt hatten. Sie lautete:
	        
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