Volltext: Das Weltkriegsende

Rückblick und Ausblick 
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nisvoll wirken. Im Inlande würde sie falsche Hoffnungen er¬ 
wecken, im Auslande bespöttelt werden. Klare, nüchterne Ab¬ 
wägung der tatsächlichen Verhältnisse ist die Vorbedingung 
für unsere Stellung zu den kommenden Dingen. 
Der Angelpunkt unseres Krieges gegen die Entente ist 
unsere Westfront. Mit Genugtuung dürfen wir es aussprechen, 
daß sie sich von Tag zu Tag mehr gefestigt hat, seitdem die rück¬ 
wärtigen Bewegungen ihren Abschluß gefunden haben. Die Ver¬ 
kürzung der Front hat eine stärkere Besetzung, eine bessere Aus¬ 
stattung mit Abwehrmitteln und eine angemessene Ablösungs¬ 
möglichkeit für die fechtenden Truppen bewirkt. Wir nähern uns 
dem Winter, die Tage werden kürzer, die auch durch Witterungs¬ 
einflüsse bedingten Ruhepausen größer. In unermüdlicher Ar¬ 
beit bildet die Heimat den Heeresnachwuchs aus, ohne daß es 
bis jetzt nötig gewesen wäre, in die beträchtlichen noch vorhan¬ 
denen und — meist im Interesse der Kriegswirtschaft — vom 
Heeresdienst zurückgestellten Reserven hineinzugreifen. Unsere 
Westfront hat sich bereits sichtbar gekräftigt, die Abwehrschlacht 
steht. 
Für unsere Feinde ist es nötig, jeden Schritt vorwärts mit 
Strömen von Blut zu erkaufen. Weite, vom Kriege bis jetzt 
kaum berührte Gebiete sinken dabei in Trümmer. Wollen unsere 
Feinde uns mit Waffengewalt aus dem besetzten Nordfrankreich 
verdrängen und die Räumung Belgiens erzwingen, so 
müssen sie noch mit erheblichen Zeiträumen blutigster Kämpfe 
und mit einer völlig zwecklosen Zerstörung eigener Gebiete 
rechnen. Mit welchen Gefühlen französische und belgische Sol¬ 
daten sich an diesem Kampfe beteiligen, zumal wenn es ihnen 
klar wird, daß sie das alles ohne Schwertstreich zurückgewinnen 
könnten, läßt sich leicht ermessen. 
Die Entente hat also alle Veranlassung, auch ihrerseits die 
Vorteile eines baldigen Waffenstillstandes zu erwägen, ehe sie 
in den fünften Kriegswinter hineingeht, der mit jedem weiteren 
Tage den amerikanischen Einfluß stärker zur Geltung bringen 
muß. Stellen auch unsere Feinde sich auf den Boden einer ganz 
nüchternen Erwägung der Gesamtlage, wie es einige Militär- 
kritiker bereits tun, so müssen sie erkennen, daß Deutschland — 
trotz des Ausscheidens unserer Bundesgenossen — noch lange 
Feit in der Lage ist, den Widerstand fortzusetzen. Eine Über¬ 
spannung ihrer Forderungen würde die Kriegsdauer zwecklos 
verlängern. Denn darüber muß volle Klarheit herrschen, daß 
ein uns einseitig festlegender, dem Feinde alle Vorteile sichernder, 
unserer jetzigen militärischen Lage nicht entsprechender Waffen-
	        
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