Volltext: Das Weltkriegsende

Der 2. Oktober 
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mehr um Sieg, nicht einmal um einen erträglichen Abschluß des Welt¬ 
krieges konnte es sich für ihn handeln. Als Angehöriger eines alten 
Fürstengeschlechts, als Thronfolger eines deutschen Landes und als 
General der alten Armee sollte er nunmehr bereits gefaßte, also un¬ 
abänderliche Entschlüsse ausführen. Nur ein ganz außergewöhnliches 
Maß von Vaterlandsliebe und persönlicher Selbstentäußerung konnte 
ihn dazu bewegen, einen solchen Posten in solcher Zeit anzunehmen. 
Vielleicht aber blieb noch der Weg der Völkerversöhnung im Geiste der 
Wilsonschen Punkte. In diesem Sinne konnte Prinz Max allenfalls 
hoffen, auf Grund früher gehaltener Reden und seiner bisherigen 
der Kriegsgefangenenfürsorge gewidmeten Tätigkeit seinen Namen er¬ 
folgreich für Deutschland einsetzen zu können. In jedem Falle brachte 
er der Sache das schwerste Opfer, was einem Manne seiner Herkunft 
zugemutet werden konnte. Er tat es, obwohl er sich sagen mußte, daß 
er im Falle des Mißerfolges voraussichtlich mit der vollen Schuld 
daran belastet werden würde. Mit gebundener Marschrichtung über¬ 
nahm er das Kanzleramt. Er hat schweren Undank dafür geerntet. 
Auch General Ludendorff hat die Schwierigkeit der Lage des 
Prinzen Max anerkannt. In seiner Schrift „Das Friedens- und Waf- 
feiistillstandsangebot" (S. 47) heißt es von ihm: „Er kam plötzlich in 
eine der kritischsten Lagen, in die je ein Staatsmann berufen worden 
ist. Er mußte vollständig umdenken. Er hatte geglaubt, daß die Welt 
reif sei für Versöhnung und Verständigung. Mit diesen Schlagworten 
wollte er arbeiten. Er sträubte sich, der rauhen Wirklichkeit Rechnung 
zu tragen. Er kannte anscheinend nicht die Vorgänge vom 29. Sep¬ 
tember und sah in allem nur ein plötzliches Drängen der O.H.L., zu¬ 
mal in dem Telegramm vom 1. Oktober 1 Uhr 30 nachmittags" *\ 
Aus allen Mitteilungen, die ihm von den Teilnehmern der Be¬ 
sprechungen im Großen Hauptquartier gemacht wurden, mußte Prinz 
Max entnehmen, daß der Druck der militärischen Lage am 29. Sep¬ 
tember sehr stark gewesen war. Das Telegramm vom 1. Oktober 
1 Uhr 30 nachmittags aber konnte nicht anders gedeutet werden, als 
daß dieser Druck auch jetzt noch unvermindert fortbestand. 
Als Oberst v. Haeften am 2. Oktober 8 Uhr vormittags dem 
Prinzen die Zustimmung des Großherzogs von Baden zur Annahme 
der Kanzlerschaft und die Bitte Ludendorffs vortrug, das Angebot 
sofort zu unterzeichnen, konnte sich der Prinz dazu noch nicht entschlie¬ 
ßen, da noch wichtige Besprechungen bevorstanden und er nicht unter¬ 
zeichnen wollte, ehe er nicht mit den Führern der politischen Parteien 
gesprochen hatte. Haeften begab sich darauf zu einer für 9 Uhr vor¬ 
mittags vom Vizekanzler v. Payer angesetzten Zusammenkunft der 
Parteiführer, bei der Major Frhr. v. dem Bussche über die militä- 
21 Siehe oben S. 130, Anm. 1.
	        
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