Volltext: Das Weltkriegsende

Der 1. Oktober 
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Ich habe den Eindruck, daß man hier völlig die Nerven ver¬ 
loren hat, und möchte glauben, daß wir schlimmstenfalls nach 
außen hin den Schritt mit der Haltung Bulgariens begründen 
können. gez. Grünau." 
Prinz Max, der am Nachmittage und Abend des 1. Oktober mit 
allen in Betracht kommenden Persönlichkeiten Berlins Besprechungen 
hatte, konnte keinen anderen Eindruck gewinnen als den, es komme 
aus Rücksicht auf die bedrohte Lage der Armee nunmehr auf jede 
Stunde an. In einer Besprechung mit Payer, Hintze und Graf Roe- 
dern am Abend, an der auch Major Frhr. v. dem Bussche teilnahm, 
fragte der Prinz den Major, ob das Angebot wirklich so bald heraus¬ 
gehen müsse, was Bussche bejahte. Der Prinz wollte nur ein Frie¬ 
dens-, aber kein Waffenstillstandsangebot machen, fand aber nicht die 
Zustimmung der anwesenden Minister. Immerhin schien es möglich, 
die Note an Wilson noch am 2. Oktober abgehen zu lassen. Nun hatte 
aber der Großherzog von Baden seine Zustimmung zur Annahme der 
Kanzlerschaft durch den Prinzen Max noch nicht erteilt. Major Frhr. 
v. dem Bussche schlug vor, diese Angelegenheit telephonisch zu erle¬ 
digen und das Große Hauptquartier um die Vermittlung zu ersuchen. 
So geschah es: der Sonderzug des auf der Fahrt nach Berlin befind¬ 
lichen Kaisers wurde auf dem Hauptbahnhof in Köln angehalten, eine 
Verbindung des dem Fuge angehängten Telegraphenwagens mit dem 
Karlsruher Schloß hergestellt, und um Mitternacht war die Zustim¬ 
mung des Kaisers und des Großherzogs zur Ernennung des Prinzen 
Max in Berlin bekannt. Auch die Eile dieses Vorganges verstärkte 
den Eindruck der Dringlichkeit, der noch dadurch unterstrichen wurde, 
daß Oberst v. Haeften telephonisch gegen 12 Ilhr nachts vom General 
Ludendorff die Aufforderung erhielt, den Prinzen noch in der Nacht 
zur Unterzeichnung zu veranlassen. Haeften versprach, am nächsten 
Morgen früh einen Versuch in dem von General Ludendorff ge¬ 
wünschten Sinne machen zu wollen, äußerte aber gleich seine Zweifel 
daran, daß der Prinz darauf eingehen würde, da er noch gar nicht 
mit den politischen Parteien verhandelt hatte. 
Staatssekretär v. Hintze hatte inzwischen auf die beiden ihm zu¬ 
gegangenen Telegramme der Herren v. Lersner und v. Grünau um 
7 Uhr abends telegraphisch geantwortet, die Bildung der neuen Re¬ 
gierung werde voraussichtlich noch 1. Oktober nachts erfolgen, dann 
könne das Angebot sofort in derselben Nacht hinausgehen. Er fügte 
hinzu: „Militärische Lage ist stärkstes Druckmittel gegenüber unsinni¬ 
gen und anspruchsvollen Parteien." Hintze fühlte sich durchaus als 
Sachwalter des Wunsches der O.H.L. und bezeichnete daher die mili¬ 
tärische Lage als Druckmittel für ein schnelles Handeln in Berlin.
	        
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