Volltext: Das Weltkriegsende

Der 29. September. 
Am Sonntag, 29. September, trafen die Träger der höchsten 
politischen und militärischen Entscheidung zu verschiedenen Zeiten in 
Spa ein. Den Anfang machte der Staatssekretär v. Hintze, dann folgte 
der Oberste Kriegsherr und am Mittag der Reichskanzler Graf 
Hertling. 
Die Besprechungen begannen um 10 Uhr vormittags. Im Hotel 
Britannique trafen sich der Feldmarschall, der General Ludendorff, von 
Oberst Heye begleitet, und der Staatssekretär. Hintze begann mit der 
Auseinandersetzung der politischen Lage: Bulgarien abgefallen, der 
Abfall Österreich-Ungarns bevorstehend, die Türkei nur mehr Last, 
keine Hilfe, wachsende Zuversicht unserer Feinde, zunehmende Rot im 
Innern Deutschlands. Hintze teilte mit, was inzwischen zur Anbah¬ 
nung des Friedensschrittes durch Holland geschehen war. 
Nunmehr ergriff General Ludendorff das Wort. Er schilderte die 
militärische Entwicklung und erklärte, die Lage der Armee erfordere 
sofortigen Waffenstillstand. Der Staatssekretär war über diese For¬ 
derung so erschüttert, daß er bestimmt an die Möglichkeit eines unmit¬ 
telbar bevorstehenden Zusammenbruches der militärischen Lage 
glaubte. „Der ruckweise Übergang von Siegesfanfare zum Grabge¬ 
sang der Niederlage" mußte nach seiner Ansicht auf Heer, Volk, Mo¬ 
narchie und Reich schwere Wirkungen ausüben. Er empfahl als Aus¬ 
weg aus dieser Lage die Zusammenfassung aller Kräfte der Nation 
zur Abwehr im Endkampf. Als Mittel nannte er die Diktatur, die 
„Revolution von oben", und zur Herbeiführung des sofortigen Waf¬ 
fenstillstandes eine Einladung zum Frieden über den Präsidenten der 
Vereinigten Staaten Wilson auf der Grundlage der von ihm bekun¬ 
deten Grundsätze. Die Diktatur habe allerdings militärische Erfolge 
in absehbarer Zeit, wenn nicht den Sieg zur Voraussetzung, da sie 
sonst nicht durchzuführen sei, und ihr Revolution und Chaos folgen 
würden. Unter der Revolution von oben verstand der Staatssekretär 
die auch von der O.H.L. gewünschte und durch den Obersten v. Win- 
terfeldt am 28. September dem Reichskanzler als Vorschlag übermit¬ 
telte Aufnahme einiger parlamentarischer Führer in die Regierung. 
Eine solche hielt er für nötig, da sonst die Nation den plötzlichen Um¬ 
schwung von Siegeszuversicht zur Niederlage nicht ertragen würde. 
General Ludendorff verwarf den Gedanken einer Diktatur, da 
auf einen militärischen Sieg nicht mehr zu hoffen sei, erklärte sich aber 
damit einverstanden, daß das Waffenstillstandsersuchen gleich mit 
einem Friedensangebot verbunden werden sollte. Seine Hauptbedin¬ 
gung jedoch blieb die Einleitung des Waffenstillstandes. Als Hinden-
	        
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