Volltext: Das Weltkriegsende

Einleitung 
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In der heutigen Zeit, in der soviel von der „Totalität des Krie¬ 
ges" gesprochen wird, ist die Erkenntnis dafür gewachsen, daß die 
Lehre vom Kriege aus ihrer bisherigen militärischen Begrenzung stär¬ 
ker hinausgehoben werden muß, als es früher vorstellbar gewesen 
ist. Wenn man von den an den höchsten Stellen tätigen Soldaten im 
Kriege fordern muß, daß sie auch für politische Zusammenhänge das 
nötige Verständnis besitzen und vielleicht sogar auf diesem schwieri¬ 
gen Gebiete bestimmend sein sollen, so muß der kriegsgeschichtliche 
Forscher in der Lage sein und das Herz haben, die politischen 
Probleme mit der gleichen Unbefangenheit zu erörtern wie die mili¬ 
tärischen. Rücksichtsloser Wahrheitsdrang muß ihn leiten, denn es 
bleibt die erste und vornehmste Pflicht der Kriegsgeschichte wie aller 
Geschichtsschreibung überhaupt, der Nachwelt einen treuen Spiegel 
der Vergangenheit vorzuhalten, worin Personen und Dinge ihrem 
wahren Werte gemäß erscheinen. Wenn schon im Privatleben jeder 
Einzelne beansprucht, von seinen Mitmenschen gerecht beurteilt zu 
werden, so dürfen mit noch viel höherem Recht diejenigen Persön¬ 
lichkeiten, die durch ihre Geistesgaben und ihre Stellung zu Führern 
ihres Volkes in schwerster Zeit berufen sind, eine unparteiische Wür¬ 
digung fordern. Untrennbar ist ihr Wohl und Wehe mit dem Schick¬ 
sal ihres Volkes verknüpft, und die Kritik wird, wie Moltke es in 
dem klassischen Vorwort zur Geschichte des Italienischen Feldzuges 
1859 so schön ausgesprochen hat, „ihr im Vergleich zum Handeln so 
geringes Verdienst in völliger Unparteilichkeit und in gewissenhafter 
Wägung und Benutzung aller Nachrichten zu suchen haben, welche 
Licht über die Begebenheiten verbreiten. Es verschwindet nämlich 
in der Regel das geradezu unzweckmäßig und widersinnig Erschei¬ 
nende ganz, sobald man die Motive, die tausend Reibungen und 
Schwierigkeiten übersieht, welche sich der Ausführung im Kriege ent¬ 
gegengestellt haben" *. In diesem Geiste Moltkescher Sachlichkeit 
haben wir Deutschen in der amtlichen Geschichtsschreibung der er¬ 
folgreichen großen deutschen Einigungskriege von 1866 und 1870/71 
den Ursachen unserer Erfolge nachgespürt. 
Heute haben wir ein anderes und wichtigeres Ziel. Aus unse¬ 
ren Mißerfolgen im Weltkriege und ganz besonders aus dem ab¬ 
schließenden und für den Gesamtausgang bestimmend gewordenen 
Endjahre 1918 müssen wir für die Zukunft lernen. Wir können an 
1 Der italienische Feldzug des Jahres 1859. Herausgegeben von der histo¬ 
rischen Abteilung des Generalstabes der Preußischen Armee. Berlin, im 
Januar 1862.
	        
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