Volltext: Im Reiche des Kalifen [94/95/96]

36 
doch zuviel werden — und der Wunsch regt sich: wenn es doch 
bald zur ewigen Ruhe käme!“ Welch stilles und unvergleich⸗ 
liches, unvergängliches evangelisches Heldentum! Viele Hand— 
werksburschen ließen sich, vom Lohn verlockt und nicht von der 
reinen Menschenliebe beseelt, als Gehilfen anstellen, blieben 
aber nicht lange. Es gab indessen auch begeisterte Männer, die 
von fern herkamen, um den Kranken zu dienen; so Ferdinand 
Rüdiger, ein Sachse, und der Oesterreicher Karl Heider. Der 
arabische Evangelist Josef Dschamel erschien seit der Gründung 
des Asyls zweimal wöchentlich, um seine Landsleute auf⸗ 
zuklären, sie zu unterrichten und mit Büchern zu versehen. 
Nach dem Weggange des Ehepaares Tappe bamen die Haus— 
eltern Müller. Und seit ihrem Abgang, nun seit Jahrzehnten, 
wirkten dort Karl Schubert und seine Frau. Wer kann sich eine 
Vorstellung davon machen, was solche Jahre und Jahrzehnte 
unter diesen Kranken bedeuten? 
Seltsam ist es, daß diese Verstümmelten troßtz ihrer 
körperlichen und seelischen Hoffnungslosigkeit und Verkommen— 
heit den irdischen Begierden heftig nachhängen. Sie sind vor 
allem unglaublich geizig. Manche stehlen sich mit raffinierlen 
Listen aus dem Asyl fort, um auf der Straße ein paar Münzen 
erbetteln zu können. Sie häufen Kupfer auf Kupfer, bis sie es 
in Silber umwechseln können, und legen Silber zu Silber, bis 
sie Gold dafür bekommen. Den Schatz hüten sie eifersüchtig, 
kaufen nichts dafür, weder Geld noch Nahrung: das blinkende 
Gold freut sie allein! Und dann — die Liebe! Ein junges Weib 
war aufgenommen worden; es knüpfte sofort ein Verhältnis 
mit einem älteren Pflegling des Asyls an. Als man dem Paare 
Vorwürfe machte und die beiden trennen wollte, wurden sie 
aufsässig. Man schickte die Frau fort, sie ging ins türkische 
Asyl bei Siloom, wo das Zusammenleben der Geschlechter 
gestattet war; in derselben Nacht flüchtete ihr Liebhaber und 
folgte ihr nach Siloam. Solche Fälle kamen häufig vor. Die 
deutsche Anstalt erlaubte solche Extravaganzen nicht, weil man 
die Möglichkeit der Vererbung annimmt. Wenn nun der Haus⸗ 
vater bei solchen Vorkommnissen seine Pflicht tat, erwachte 
zuweilen ein unheimlicher Geist der Empörung, und mehr als 
einmal waren die Wohltäter in Gefahr, das Opfer ihres Edel— 
mutes zu werden, ihre Hingebung und Menschenliebe mit dem 
Leben zu büßen. Dann wieder gibt es Zeiten, wo eine wahre 
Fluchtepidemie herrscht. Einmal traät ein vierzehnjähriger 
Araber namens Hannah in das Asyl ein. Er war Protestant. 
Nach drei Jahren wurde er des Lebens in der Austalt und 
der Ordnung überdrüssig, flüchtete und hetzte auch mehrere 
andre Insassen auf, mit ihm zu flüchten. Nicht weniger als 
elf liefen dar 
mit, was sie 
gewesen. Al 
Hannah Sehr 
die Barmher; 
Er war in 
erblindete, ur 
nichts als W 
eiternden Ha 
da geschah eir 
aus dem frü 
der Bescheide 
noch lange J 
Die Ha— 
an sich schon 
Schmutz und 
sie meinen: 
die Unsittlich 
einander ver 
zu vereinzelr 
mann zu m 
Münze wird 
betvachtet jel 
nicht größer 
die Feigen 1 
herrschte, wo 
unaufrichtig 
zunimmt, d 
Jüngeren, 
verden, mur 
Wir aber so 
rührende Bil 
Mädchen ins 
sich eng anei 
schwerkrank. 
und lehrten 
vergnügte 8 
der Wirtsch 
scheuerten, 
waren noch 
langsam da 
wurde das e 
Latife und 
Tod sie erlö
	        
Waiting...

Nutzerhinweis

Sehr geehrte Benutzerin, sehr geehrter Benutzer,

aufgrund der aktuellen Entwicklungen in der Webtechnologie, die im Goobi viewer verwendet wird, unterstützt die Software den von Ihnen verwendeten Browser nicht mehr.

Bitte benutzen Sie einen der folgenden Browser, um diese Seite korrekt darstellen zu können.

Vielen Dank für Ihr Verständnis.