Volltext: Abriß der eilfhundertjährigen Geschichte des Stiftes Kremsmünster und seiner Pfarreien

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ausgekrochene Bauernaufstand, welcher durch hundert Jahre 
sich hindurchzog, und die Türkengefahr, gegen welche Krems- 
Münster sich befestigte, kosteten dem Stifte ungeheure Summen 
für Kriegsrüstungen, Laudesaufgebot und für die eigene Si- 
cheruug. Dazu kam die Verachtung und Mißhandlung der Geist- 
lichen durch den protestantischen Adel, der ans den benachbarten 
Schlössern Lnther's Lehre allgemein predigen ließ und Kirchen- 
gelder, Zehente und andere Besitzungen des Klosters an sich riß. 
Endlich unter dem großen Abte Anton (1613) hob sich 
des Stiftes Besitzstand wieder in ansehnlicher Weise dadurch, 
daß der Abt die von den des Landes verwiesenen adeligen 
Rebellen feilgebotenen Herrschaften und Schlösser Schornstein, 
Perustem und Kremseck kaufte, welche in Betreff ihres Terri- 
toriums nach der Stiftungsurkunde meiftentheils zum alten 
Stiftsgebiete gehörten. Die folgenden Aebte traten in die 
Fußstapfen ihres großen Vorgängers und so erholten sich trotz 
des Türkenkriegs, Erbfolgekriegs und siebenjährigen Kriegs 
die Finanzen des Stiftes bei der mm eingeführten rationellen 
Hauswirthschast bald wieder. Der Anfangs des XVIII. Jahr- 
Hunderts auf's Höchste gestellte finanzielle Wohlstand des Stiftes 
wurde aber unter der Regierung des Kaisers Joseph II. der- 
art erschüttert, daß der Fortbestand des Stiftes in Frage 
stand. Eine Inventur-Kommission unter dem berüchtigten 
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Aas Wirken des S 
Die Benediktiner von Kremsmünster traten zur Zeit der 
Stiftung (777) in das Erbe ihrer-Brüder, der Mönche von 
Niederaltaich, welche, wie Dr. Alois Hub er in seinem ansge- 
zeichneten Werke*) zu beweisen sucht, der heilige Slavenapostel 
Virgil, Bischof von Salzburg, schon lange zuvor als Missio- 
uäre zur Christinuisirung der Slaveu au der Guus, Krems 
und Alm in diese Gegend berufen hatte. Die erste Wirksam- 
keit Kremsmünster's während anderthalb Jahrhunderte ist dem- 
nach Missionsthätigkeit, verbunden mit der Gesittung der Be- 
wohner und Urbarmachung des Bodens. Nach den verheeren- 
den Einfällen der barbarischen Ungarn erholte sich Kremsmünster 
nur langsam. Erst unter dem heiligen Gotthard, welchen 
Kaiser Heinrich II. der neu aufblühenden Genossenschaft als 
Abt vorsetzte, erblühte frisches religiöses Leben, reger Eifer 
in der Seelsorge und Pflege der Wissenschaften. Durch den 
Fleiß der Brüder wurden die Wildnisse immer mehr in be- 
wohnte Gegenden umgewandelt und die Herzen der Bewohner 
durch fortgesetzte Verkündigung des Evangeliums allmälig ver- 
edelt. Man sing au, die zerstreuten Schätze alter Literatur 
durch Abschriften zu sammeln, die Begebenheiten der Zeit in 
Chroniken zu verzeichnen, die begonnene Geisteskultur in Schu¬ 
len durch Unterricht zu erweitern. Von Gotthard's Nachfolger, 
dem Abte Sigmar (1012), erzählt die Chronik, daß schon 
eine Bibliothek vorhanden war, welche Abt Gerhard (1040) 
vermehrte. 
*) Geschichte der Einführung und Verbreitung des Christenthums in 
Snddentschland. 4 Bände. Coinmissionsverlag von Fr. Pustet 
in Regensburg 1875. 
Landrath Eybel kostete dem Stifte allein 5508 Gulden, wirth- 
fchaftete schrecklich, verschleuderte gewissenlos Stiftsgüter und 
nahm Kirchensilber im Werthe von 200,000 Gulden weg. 
Mit der Thronbesteigung des Kaisers Leopold II. (1790) 
erfolgte wieder eine Umkehr zum Bessern, die leider nicht lange 
andauerte; denn es kamen von 1792 — 1814 fast uunnterbro- 
cheu die französischen Kriege mit drei feindlichen Einfällen, 
die dem Stiste eine Auslage vou einer halben Million Gul- 
deu verursachten. Den empfindlichsten Schlag versetzte jedoch 
das überraschende Finanzpatent vom Jahre 1811, so daß der 
damalige Abt Wolfgang II. — trotz feiues Gottvertraueus 
und seiner Unerschrockenheit in großen Bedrängnissen— einige Zeit 
unschlüssig war, ob er resignireu oder die Zahlungsunfähigkeit 
des Stiftes erklären sollte. Herrschaften wurden verkauft und 
alle möglichen Einschränkungen — unbeschadet der Gastfreund¬ 
schaft — mußten Platz greifen. Erst Thomas Mittern- 
dorfer, dieser thatkräftige umsichtige Abt, ein wahres Admi- 
uistratioustaleut, hob (1840) wieder den Credit des Hauses 
durch kluge und glückliche Unternehmungen, so daß seine Amts- 
führung eine der preiswürdigsten Perioden des Stiftes aus- 
macht, obgleich sie in eine bewegte Epoche fiel. Die aller- 
neueste Zeit brachte erhöhte Stevern, Kriegszuschläge, das Ge- 
bühreuäquivaleut und die sogeuauute Religioussoudssteuer. 
istes Kremsmünster. 
Zur Zeit des Kaisers Heinrich IV. zerrüttete sich aber- 
inals das klösterliche Leben, welches der Bischof Altmann von 
Passau um das Jahr 1080 in Kremsmünster durch Regeuerir- 
uug der Ordensgemeinde wieder herstellte, so daß letztere schon 
nach 10 Jahren unter Abt Alvern I. (1093) an Zucht und 
Ordnung, au Gebäuden, Büchern und Gemälden alle ändern 
Klöster übertraf, wie der Biograph Altmann's bezeugt. Um 
das Jahr 1120 ward die Klosterschule in Kremsmünster schon 
von Auswärtigen besticht, welche sich zum Priesterstande vor- 
bereiteten. Aus dieser Zeit stammt auch die älteste Chronik 
von Kremsmünster, die noch vorhanden ist, aber zu Wien sich 
befindet; ferner ein Nekrologiuiu (Kalender der Verstorbenen). 
Größe Verdienste erwarb sich Kremsmünster dadurch, daß es 
im XII. Jahrhundert viele Kirchen theils erbaute, theils er- 
wetterte. Auch zu den Kreuzzügen trug das Stift sein 
Schärflein bei. Es befreite nämlich zu Gunsten der Kreuz- 
fahrer die Brücke über die Traun bei Wels (1140) vou deu 
hohen Mautgefällen, und Abt Ulrich III. zog selbst mit 
Herzog Leopold VI. in das heilige Land; namentlich brachte 
das Stift zum großen Kreuzzug (1189) bedeutende Opfer. 
Im XIII. Jahrhundert unter Abt Bert hold II. (von 
Achleiten) und namentlich unter Abt Friedrich I. (von Aich) 
(1273 — 1325) blühten Kunst und Wissenschaft mehr als 
früher. Abt Berthold II. schickte (1245) Kremsmüuster'sche 
Theologen zum allgemeinen Concil nach Lyon ab, baute die 
bisher romanische Stiftskirche ganz nen im gothischen Style 
ans und scheint selbst in der Baukunst ein Meister gewesen 
zu sein. Abt Friedrich I. wird der Vater der Bibliothek
	        
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