Volltext: Zur Enthüllung des Palm-Gedenksteines in Braunau am Inn am 24. Mai 1925

Hi 
Z! 
vraunau am Inn. 
Ein mittelalterliches Stadtbild. 
Von Dr. iri66. 6t xkil. Ed. Kriechbau m. 
Ein Wanderer, der auf einer Fahrt durch Sllddeutschlaud, aus 
Franken, Schwaben oder Altbaiern kommend, die österreichischen Gaue 
betritt, wird vielleicht mit leisem Bedauern feststellen, daß die Schönheit 
und Pracht der mittelalterlichen Städtebilder, die an seinem Auge vor 
beiziehen, mit dem Vorrücken nach Osten allmählich zu erlöschen be 
ginnen. Ein letztes mächtiges Aufflackern alter Herrlichkeit und träumerischer 
Romantik erlebt er aber noch einmal an der Jnn-Salzachgrenze, welche 
seit mehr als hundert Jahren Oesterreich vom deutschen Mutterlande 
nennt. An die beiden wilden Bergströme reiht sich von Salzburg bis 
Passau eine Kette von sieben Städten, die als Ganzes betrachtet, zu den 
eigenartigsten Siedlungen unseres deutschen Heimatlandes gehören. Schon 
deshalb nennen wir sie schön, weil sie die Natur in einen ganz wunder 
vollen Rahmen eingesägt hat, besonders Salzburg, das am Fuße mächtiger 
Kalkberge liegt, Burghausen in der wilden Stromenge der Salzach, 
und Passau, das eine sonnige, liebliche Mittelgebirgslandschaft umsängt. 
Von diesen sieben Städten, welche Edelsteineil gleich das Land der 
Flußgrenze schmücken, liegen Braunau und Schärding auf Öberöster 
reichischem Boden. 
Schon aus weiter Ferne geschaut, gibt das kaum 5000 Bewohner 
zählende Städtchen Braunau ein stolzes Bild, um das sie viel größere 
Schwestern beneiden können. 
Während sonst in der ganzen Landschaft des Inntales horizontale 
Linien vorherrschen, bedingt durch die Ausbildung alter Flußterrassen, 
welche Wiesen, Moore und Wälder bedecken, zeigt sich im Bereiche 
Braunaus ein mächtig emporstrebender Vertikalismus. Das Land tritt 
mit steilen Hochufern an den Inn und die Enknach, und alte, wehrhafte 
Mauern erinnern uns an Zeiten, in denen die Stadt eine wichtige 
Grenzfeste Baierns war. 
Das Bild der Stadt und der Landschaft in weiterem Umkreise 
beherrscht aber der Turm der Pfarrkirche zu St. Stefan, der stolzeste 
Bau aus der späten Gotik, der auf dem Boden des Landes ob der Enns 
steht. Von ihm wird erzählt, daß er von der Tuchmacherzunft am Aus 
gange des 15. Jahrhunderts erbaut wurde. Die Braunauer Tuchmacher 
bildeten die mächtigste Zunft der Stadt; ihr Reichtum und ihre Be 
deutung verlockte sie, mit den Bürgern der benachbarten Herzogsstadt 
Landshut in Wettbewerb zu treten. Dort hatte ja Stettheimer bei 
St. Martin einen gar gewaltigen Turm gebaut. 
Könnten die Steine reden, so würden uns nicht nur die Festungs 
mauern von Krieg und Kampf, und der altehrwürdige Turm zu St. Stefan 
von friedlichem Wetteifer der Bürgerschaft erzählen, sondern auch die 
anderen Teile der Stadt würden einen bescheidenen Beitrag zur alt- 
bairischen Kultur- und Stadtgeschichte liefern. 
In diese führt uns ein Besuch des Heimathauses am besten ein. 
Es liegt in der Altstadt dort, wo sich die alte Schwaben- und Säckler 
gasse in einem malerischen Winkel treffen. Bei der Errichtung dieses 
Heimathauses wurde der Hauptwert darauf gelegt, daß es nicht nur 
eine Bezirkssammlung sei, sondern Bürger- und Bauernwohnung ver
	        
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