Volltext: Das Tiroler Bauernhaus

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Solche Täfelung nahm dann im Alter den schönen dunklen Ton an, 
der die Stube so anheimelnd macht,- auch die Deckbalken wurden 
ost mit Schnitzwerk geziert. Da die Stube in jene Sausecke gestellt 
war, auf welche das meiste Sonnenlicht fallt, schaut durch die Stuben- 
fenster am Vormittag und am Nachmittag die liebe Sonne herein 
und schickt ihre Strahlen bis in den Winkel, wo der sauber getünchte 
gemauerte Ofen steht, von dessen Weiß sich das braune „Ofen- 
gschahl" abhebt. Und wie gemütlich liegt es sich an Winterabenden 
oben auf der „Ofenbruggen" oder in der warmen „Ofenhöll" zwischen 
Ofen und Stubenwand. Im lichtesten Winkel der Stube, zwischen 
den beiden Fensterwänden, steht der sauber gescheuerte Tisch, an 
welchem die Mahlzeiten eingenommen werden. Ober dem Tisch, in 
der Stubenecke, hängt das Bild des Gekreuzigten und mahnt die 
Stubeninsassen, daß sie über den Alltag und über die Sorge für 
Speise und Trank die ewigen Wahrheiten und die höhere Bestim 
mung des Menschen nicht vergessen. Im Getäfel der Wand, welche 
die Küche von der Stube trennt, öffnet sich in alten Häusern eine 
Klappe, die das „Kemm" verschließt, ein Mauerloch, das eine kamin 
artige Verbindung mit der Küche besitzt- in diesem „Kemm" wurde 
in älteren Zeiten und auch jüngst zu Zeiten des Petroleummangels 
ein Feuerchen von Kienspänen entzündet, um die Stube zu erleuchten. 
Der Schein der brennenden Kienspäne erfüllte die Stube mit röt 
lichem Schimmer,- wer bei diesem Dcht lesen wollte, tat sich freilich 
schwer — aber zum Spinnen sahen die Frauen genug und die Männer 
konnten hie und da einen Span aufnehmen und die pfeifen wieder 
anzünden, die ihnen ja so ost ausgehen. Sie ersparten sich so das 
Funkenschlagen aus dem Feuerstein, wobei man im Dunkeln ost auf 
die Knöchel statt auf den Stein klopfte. Und wie traulich war es an 
Abenden, wenn es draußen stürmte und schneite, in der warmen, 
vom milden Kienlicht erfüllten Stube zu sitzen oder gar beim Ofen 
zu liegen und auf die Geschichten zu hören, welche die Alten 
erzählten. 
Mein lieber Tiroler, freue dich deiner Stube und halte sie in 
Ehren! Viele unserer Vorfahren haben daran gearbeitet, die Stube 
und ihre Einrichtungen zu verbessern und auszugestalten, an ihr 
hängen so viele Erinnerungen an unsere Vorfahren und an unsere 
Iugendzeit. Unsere Stube ist ein Stück wertvoller alter Tiroler Eigen 
art, verunstalte sie nicht durch geschmacklose Bilder. Suche nicht 
städtische Art in der Einrichtung deiner Stube wahllos nachzuahmen. 
Es ist ein Iammer, wenn so manche Bauernstube mit Gegenständen
	        
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